Rezension

Halb so wild: Sträters Worte ohne Sträter

Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein - Torsten Sträter

Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein
von Torsten Sträter

Angeblich geht's in Torsten Sträters neuem Buch um alles: Die Macht der Entspannung, Urlaub in Namibia und Botswana, Erziehung, Sex, Bratwurst, Zeit, wegfliegende Flummis, die heilende Kraft der Musik und den Vater des Gedankens. Aber denken Sie dran: Es ist nie zu spät, um beim Lesen unpünktlich zu sein!

Können Sie mir eine simple Frage beantworten? Warum befindet sich das Buch eines Kabarettisten in der Spiegel-Bestsellerliste? Und sagen Sie jetzt nicht, weil es sich so bombastisch gut verkauft, sonst kriege ich einen Anfall! Aber keinen der Sorte "Lach"!

 

Wie auch immer, fragen wir einfach anders: Wer soll das neue Buch von Torsten Sträter „Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein“ denn lesen? Wissen Sie was? Das ist völlig piepenschnurzegal. Dem Verlag und dem Torsten Sträter sowieso. Beide interessieren sich nämlich viel mehr dafür, wer dieses Buch KAUFT! Und das war ganz spiegeloffenkundig zumindest ein ziemlicher Haufen von Fans des wortgewaltigen Kabarettpreis- und Mützenträgers aus dem Ruhrgebiet.

 

Warum sage ich etwas derart Gemeines? Ganz einfach: Nichts in diesem Buch ist neu. Auf – immerhin – fast 300 Seiten findet sich ausschließlich bereits öffentlich Vorgetragenes, Gelesenes oder Gesendetes. Im Klartext: Sträter hat einfach mal in sein Regal mit den Vorräten aus den letzten drei Jahren gegriffen und all das, was er schon mehrfach zu Geld gemacht hat, zwischen zwei Buchdeckeln gebracht und noch einmal versilbert. Und macht in harten Zeiten, in denen Corona die Verdienstmöglichkeiten durch Auftritte einschränkt, zusätzliche Kohle ohne zusätzliche Arbeit. Übrigens: Damit bei der Aktion auch wirklich nichts schief gehen kann, gibt es das Buch (später) auch als Taschenbuch, als Hörbuch und sogar als DVD.

 

Die Sträter-Maschinerie bietet dafür allerhand komische Geschichten, die bekannten Vizeerstzpresse­sprecher­statements aus „Extra3“, Texte aus der Sendung „Nuhr im Ersten“, das Beste aus „Sträters Männerhaushalt“, einige Laudationes und ein sogenanntes Special. Toll!

Man könnte sich freuen …

… wenn …

…tja, wenn Sträters Worte ohne Sträter, der sie vorträgt, noch witzig wären – was sie aber leider nicht sind, oder zumindest längst nicht alle. Das Buch ermüdet daher selbst hartgesottene Sträterfans nach allerspätestens 50 Seiten – alle Achtung, sollte jemand länger durchhalten.

Muss aber niemand: Kaufen Sie statt des Buchs lieber ein Ticket, sobald es wieder Liveauftritte gibt. Wem das zu lang dauert, der greife immer noch besser zur DVD.