Rezension

Gute Fortsetzung

Die Tochter der Tibeterin - Federica de Cesco

Die Tochter der Tibeterin
von Federica de Cesco

Mit diesem Roman setzt Federica de Cesco die Geschichte "die Tibeterin" fort, der ich erst vor kurzem gelesen habe. Wieder entführt sie den Leser nach Tibet und schafft eine unglaubliche Balance zwischen fiktiver Geschichte und wahrer Geschichte: zwischen der Familie rund um Tara und Kunsang sowie die auf Fakten basierende Freiheitsbewegung der Tibeter gegen die Chinesen.

Wie immer lese ich den Schreibstil dieser Autorin sehr gerne, weil er mühelos und natürlich zu fliessen scheint und das Gleichgewicht zwischen Beschreibung und direkter Rede trifft. Wieder reist der Leser nach Tibet, an unbekannte Orte und an Orte, die man aus dem ersten Roman noch kennt. So trifft man auch schon bekannte Figuren wie beispielsweise Atan, den Tara und Kunsang am Ende des ersten Buches zurücklassen mussten. Aber auch viele interessante neue Figuren tauchen auf, von denen ich viele sehr liebgewonnen habe.

Obwohl diesmal Kunsang, die Tochter von Chodonla, im Mittelpunkt steht, erzählt die Geschichte wieder Tara, die ihrer Nichte hinterher reist, nachdem diese eines Tages verschwindet. Denn eigentlich kann sich Kunsang in der Schweiz nicht richtig einleben, sie ist und bleibt Tibeterin und flüchtet zurück in ihre Kultur. Tatsächlich empfand ich Kunsang als eine sehr dunkle, wütende und traurige Figur und trotzdem auch als stolz, mutig und würdevoll. Diesen Schatten konnte sie bis zuletzt nicht ablegen. Mein Bild von Tara wechselte jedoch während der Lektüre und so fand ich sie im ersten Buch noch stark und selbstbewusster als im zweiten Buch, in dem sie zwar auch Mut beweisen muss, ich ihre Reaktionen nicht immer nachvollziehen konnte. Atan hingegen ist sich sehr treu geblieben. Mich freute es aber besonders, neue spannende Charaktere kennen zu lernen.

Da auch der zweite Band über 500 Seiten hat, wurde es mir diesmal jedoch etwas langatmig und ich begann mich leider in der Mitte des zweiten Buches zu langweilen. Zu viel wurden mir die Beschreibungen, zu viel Gerede zwischen Tara und Atan, zu viele Gedanken von Tara... Ich wollte Spannung, ich wollte mehr über Kunsang erfahren, ich wollte, dass es vorwärts ging. Das ging es dann auch und gegen Ende gibt die Autorin wieder ihr absolut Bestes: von ruhigen in rasante Szenen, von Trauer ins Glück, vom Kampf in den Frieden und Mut in Verzweiflung. Noch immer spielt die chinesische Unterdrückung der Tibeter das Hauptthema, wobei man merkt, wie viel Recherche die Autorin betrieb, wie viel Arbeit und Mühe darin steckt. Somit ist es faktisch wieder sehr interessant und man erfährt von einem Bürgerkrieg der in den realen Medien kaum Gehör fand (abgesehen davon liegt das alles schon mehrere Jahrzehnte zurück). 

Auf jeden Fall eine gelungene Fortsetzung des ersten Bandes, obwohl mir das erste Buch einiges besser gefallen hat. Sehr informativer historischer Rahmen, sehr authentische Charakteren und tolle Landschaftsbeschreibungen runden das Gesamtpaket ab.
 

3,5 / 5 Sterne