Rezension

Genre-Mix irritiert

Ich bin kein Serienkiller - Dan Wells

Ich bin kein Serienkiller
von Dan Wells

Bewertet mit 3 Sternen

Ich bedauere es ein wenig, dass ich diesem Buch nur 3 Sterne geben kann. Es ist an sich nicht unbedingt schlecht. Weder schlecht geschrieben noch langweilig oder ohne Spannungsaufbau noch uninteressant. Es ist einfach nur nicht das, was es verspricht zu sein.

Zum Inhalt: John Wayne Cleaver ist 15 Jahre alt und hilft seiner Mutter und seiner Tante oft bei ihrer Arbeit in der Leichenhalle. Leichen einbalsamieren fasziniert ihn, er hat als Kind Tiere aufgeschnitten, liebt Feuer und ist begeistert vom Thema Serienmörder - und er kämpft dagegen an, selbst einmal einer zu werden. Dann erscheint ein Serienmörder in seiner eigenen Kleinstadt und John versucht herauszufinden, wer es ist...

So weit so gut. Der Klappentext des Buches verspricht eigentlich, dass es um John geht, den Ich-Erzähler, der davon überzeugt ist, ein zukünftiger Serienkiller zu sein, wenn er sich nicht unter Kontrolle halten kann. Er ist in Therapie und ein Soziopath. Schon am Anfang des Buches war ich allerdings verwirrt: Ein Serienkiller geht um - John bezeichnet ihn als Dämon. Nach der Beschreibung des Buches habe ich nicht mit Inhalten aus dem Fantasy-Genre gerechnet und so ging ich - wie wahrscheinlich viele andere Leser auch - bis zu einem gewissen Punkt davon aus, dass es kein REALER Dämon ist, sondern nur Bildsprache oder gar Verdrängung von John, der entgegen seiner Bemühungen vielleicht schon selbst ein Serienkiller geworden ist...leider verabscheidet sich dieser "Thriller" nach etwa einem Drittel dann auch für den skeptischsten (in meinem Fall vielleicht auch dem optimistischsten) Leser entgültig in die Phantasiewelt.

Das war für mich leider der Anfang vom Abstieg. Klappentext, Titel, Cover: Das alles täuscht den Leser nur. Das Buch kam mir eher vor als hätte man zwei Romane miteinander vermischt.

Roman 1: Jugendlicher Junge kommt einem mordenden Dämonen mit übernatürlichen Kräften auf die Spur, die Polizei versagt, er ermittelt selbst, weil ihm eh keiner glauben würde...also eher TKKG oder Drei Fragezeichen mit kleinem Fantasy-Bonus. Ich habe mich gefragt, ob es für diese Romanform relevant ist, dass der Junge selbst an einer Psychose leidet, dass er von Serienmördern fasziniert ist oder das er befürchtet selbst einer zu werden. Meine Antwort: Nein. Jugendliche Detektive gibt es in der Literatur wie Sand am Meer und das Töten eines Dämons ist im Fantasy-Genre ebenfalls nie verbunden mit der Entwicklung zu einem Serienmörder. Der Held tötet das Monster. John ist aber eigentlich kein Held...

Damit kommen wir zu Roman 2, das was der "ICH BIN KEIN SERIENKILLER" eigentlich vorgibt zu sein. Der Kampf eines Jungen, der an sich selbst alle Anzeichen für einen Serienkiller entdeckt hat, der Serienkiller aufs genauste studiert hat und aus diesen Studien Regeln aufstellt, deren Einhaltung sein "inneres Monster" davon abhalten soll auszubrechen. Dieser Teil des Buches hat mich interessiert und dieser Teil ist auch gut. Man in hin- und hergerissen, ob man John nun mag oder ihn verstörend findet. Ein Soziopath versucht das zu unterdrücken, was das Schicksal seiner Meinung nach für ihn vorgesehen hat.

Beides vermischt machte für mich keinen Sinn mehr. John will keine Menschen töten. Dann kommt ein Dämon, den die Polizei nicht töten kann, deswegen muss John das tun und bricht dabei seine Regeln, die das Monster wegsperren sollen. Aber braucht es für einen angehenden Serienkiller ein paranormales Fabel-Fantasy-Wesen, damit er die Schwelle nimmt und braucht ein Dämon einen empathielosen Jäger? Ist John dann der Held, der er in einer Fantasyreihe wäre, oder ist er das Monster, das er als Mörder eines realen Menschen wäre?

Am Ende hat das Buch also für mich nicht gehalten was es verspricht. Als jemand der viele Thriller liest, bei dem die Polizei den Serienmörder - das Monster - jagt, fand ich es interessant die andere Seite zu lesen. Ein intelligenter aber psychisch gestörter Junge auf dem Weg zum Mörder. Der Dämon hat mir das aber zerstört. Auf einmal ist John nicht mehr der potentiell Böse, sondern rettet die Stadt. Der Schauer, den ich am Anfang bei Johns befremdlichen Selbstreflexionen empfunden habe, war wie weggeblasen.

Schade um die eigentliche Geschichte, aber es kam mir so vor, als wollte der Autor sein Buch nicht beenden, ohne das Johns Monster ausgebrochen ist. Gleichzeitig war er aber nicht mutig genug, John an einem normalen Menschen die Grenze überschreiten zu lassen. Diese Inkonsequenz des Autors wird mich vorläufig wohl von den Nachfolgeromanen abhalten.