Rezension

Gelungen und Prickelnd

Liebe auf den letzten Klick - Anne Gard

Liebe auf den letzten Klick
von Anne Gard

Bewertet mit 4 Sternen

Meinung:

Dies ist meine allererste Rezensionanfrage einer Autorin gewesen und ich habe mich ziemlich über sie gefreut. Ich habe auch gleich die Gelegenheit bei Schopf gepackt und die liebe Anne Gard um ein Autoreninterview gebeten - übrigens auch eine Premiere für mich - und netterweise hat sie zugesagt!

Hier geht's zu den Fragen an Anne Gard

Nun aber endlich zur Geschichte: Mit 45 war die Protagonistin ein klein wenig älter als ich es gewohnt bin und auch von der Persönlichkeit her recht anders als ich, vielleicht hatte ich aber gerade deswegen eine ordentliche Portion Spaß mit ihr.

Der Stil der Autorin ist herrlich locker, etwas überspitzt geschrieben, damit die humorvollen Stellen noch deutlich hervortreten und durchgehend angenehm geschrieben. Das einzige was mich anfangs ein wenig gestört hat, waren die haufenweisen Verniedlichungen wie Popöchen, Händchen und schließlich sogar eine Verniedlichung des weiblichen Geschlechtsteils, wobei es mir dann doch leider vergangen ist. Glücklicherweise waren die hauptsächlich zu Beginn zu finden, danach kaum noch. Eine kurze Eingewöhnungsphase brauchte ich bei den Satzstellungen, da Frau Gard das Personalpronomen häufig mal weglässt und gleich mit dem Verb beginnt, was ich anfangs doch eher in die Kleinkindphase gesteckt hätte, nach kurzer Umgewöhnung jedoch hat es hervorragend zum Stil gepasst.

Lizzy ist die etwas andere Protagonistin. Sie ist ehrlich und mutig, manchmal unsicher, manchmal frivol, manchmal naiv, manchmal etwas schusselig, aber immer liebenswert. Sie ist Mitte vierzig und stellt fest, dass das Leben noch einiges mehr bereit hält, als sie sich hätte vorstellen können. Die Entwicklung, die sie im Laufe des Buches durchmacht, hat mir sehr gut gefallen: Die liebesbedürftige Geschiedene die durch Erfahrung und auch ein klein wenig Ausschweifung zu einer Frau wird, die sich ihrer Sexualität sicher ist und die auch ohne Mann weiss, wer sie ist. Ab und an war mir ihre "Liebe mich, egal wer du bist"- Haltung ein wenig fremd, störte mich aber nicht weiter. Was ich jedoch eine wenig anstrengend fand, war die für eine Frau in dem Alter etwas unpassende Naivität und Gutgläubigkeit; mir als Stadtmädchen stellen sich da dann doch etwas die Haare auf: Auf einem leeren Parkplatz zu einem komplett Fremden ins Auto steigen, Sex mit einem Kerl, dessen Couch einen schon anekelt! Da kann ich bei nem Selbstfindungstrip drauf verzichten. Lizzys Tips, die am Ende eines jeden lehrreichen Dates stehen, waren somit zwar nett, aber auch so offensichtlich, dass sie nicht extra hätte aufgeschrieben werden, geschweige denn durchlebt werden müssen.

Anne Gard stellt uns eine ganze Reihe von interessanten und schrägen männlichen Bekannten von Lizzy vor, lässt diese jedoch oberflächlich und ohne große Tiefe weiterziehen, sodass Lizzy der einzige Charakter ist, mit dem man eine Verbindung aufbauen kann und die mit ihren gedanklichen Abschweifungen an und zu die Geschichte etwas in die Länge zieht, manchmal sogar in etwas unpassenden, intimen Momenten.

Die Erotik ist sexy statt pornös gehalten, stilvoll statt billig und war mir trotz deutlicher Ausdrucksweise nie zu viel des Guten oder geschmacklos. Sie ist ein wenig unregelmäßig verteilt, nach einer heißen Nacht im Hotel gibt es erst mal viel Hin und Her, bevor Lizzy sich wieder auf jemanden einlässt, aber das ist wohl wie im richtigen Leben.

Ich kann mit dem Thema Onlinedating an sich eigentlich relativ wenig anfangen, aber hier wurde es erfrischend und unterhaltsam umgesetzt, weswegen ich viel Spaß beim Lesen hatte und des Öfteren mal schmunzeln musste. Ein kleines Manko war für mich noch das seltsame Schriftbild. Extrem große Leerabsätze und immer wieder einzelne Sätze, die komplett für sich stehen, ohne viel auszusagen, war etwas unschön zu lesen.

Ansonsten war es eine vergnügliche, kurzweilige Geschichte, die sich selbst nicht allzu ernst nimmt und mich mit ihrem humorvollen Stil überzeugen konnte. Mal schauen, ob es noch mehr von Lizzy und ihrer Suche nach dem Glück zu lesen gibt, ich würde mich freuen.