Rezension

Geistreich, schlagfertig und leidenschaftlich...

84 Charing Cross Road - Helene Hanff

84 Charing Cross Road
von Helene Hanff

Bewertet mit 5 Sternen

"Schicken Sie Dichter, die Liebe machen können, ohne zu sabbern." Sie liebte Bücher über alles, aber kurz nach dem Krieg war genau daran nur schwer zu kommen. So machte die Amerikanerin Helene Hanff eine Buchhandlung in Europa ausfindig, über die sie ihre ziemlich spezielle Lektüre fortan per Post bestellte. Und nicht nur das: Schon bald begann ein hinreißender Briefwechsel zwischen der spitzzüngigen Amerikanerin und ihrem englischen Antiquar - er sollte zwanzig Jahre dauern und die beiden Akteure schließlich weltberühmt machen. Die Drehbuchautorin Helen Hanff gab dabei den Ton an und eroberte den schüchternen Antiquar nach und nach mit ihrer rauen Herzlichkeit.

Die 1917 in Philadelphia geborene Helene Hanff ließ sich von den Essays eines Literaturkritikers inspirieren und machte sich nach dem Zweiten Weltkrieg in ihrem Wohnort New York auf die - vergebliche - Suche nach den empfohlenen Büchern. Eine Zeitungsannonce des Londoner Antiquariats Marks & Co. verhieß Rettung: Helene Hanff schrieb an die in der Charing Cross Road, Nummer 84, gelegene Buchhandlung und gab eine ganz normale Bestellung auf...
So setzte ein Briefwechsel ein, der sich über zwanzig Jahre erstreckte und der nach und nach seinen Charakter veränderte. Was als nüchterne Geschäftskorrespondenz begann, entwickelte sich zum Wechselspiel der Gedanken und Gefühle zwischen Menschen, die sich nie begegnet waren und doch im Laufe der Zeit zu Freunden wurden.

Schwerpunkt der Briefe ist und bleibt der Austausch über Bücher: über das Gefühl, seltene Editionen anfassen, die Seiten als Erster aufschneiden oder eine wunderschöne Goldprägung bewundern zu können. Doch ist Helene Hauff eine zwar leidenschaftliche aber auch kritische Leserin und drückt in ihrer Direktheit auch spitzzüngig ihre Empörung über hässliche Ausgaben oder missratene Übersetzungen aus.
Sie liebt Widmungen in alten Büchern und Randnotizen vorheriger Leser an bedeutsamen Stellen. "Ich liebe antiquarische Bücher sehr, die von selbst an der Seite aufklappen, die der frühere Besitzer am häufigsten gelesen hat." (S. 15) und "Ich mag das Gefühl von Verbundenheit, das entsteht, wenn ich Seiten umschlage, die jemand vor mir bereits umblätterte, und Abschnitte lese, auf die jemand, der schon lange nicht mehr lebt, meine Aufmerksamkeit gelenkt hat." (S. 48).

Nach und nach werden die Briefe persönlicher, und neben den Büchern kommen auch andere Themen zum Ausdruck. Allmählich erwächst in Helene Hauff der Wunsch, England und vor allem das Antiquariat in London mit seinen vertrauten und doch so fernen Mitarbeitern einmal persönlich kennenzulernen. Jahr für Jahr werden so Reisepläne geschmiedet, doch mit gleicher Regelmäßigkeit tun sich Hindernisse auf, die die Verwirklichung des Traums vereiteln.
Erst nach dem Tod des langjährigen Briefpartners reist Helene Hauff nach London - doch da existiert das Antiquariat in der 84, Charing Cross Road bereits nicht mehr. Der Briefwechsel allerdings ist erhalten geblieben und seit seinem ersten Erscheinen 1970 schnell zum Kultbuch in den USA sowie in Großbritannien avanciert - und bis heute geblieben...

Dieses Buch, das mit Anthony Hopkins und Anne Bancroft in den Hauptrollen sogar verfilmt wurde, liest sich einfach nur mit einem Lächeln. Schlagfertig, berührend, intelligent - ein paar Stunden Eintauchen in die Welt von Menschen, die Bücher lieben. Und das Leben.
Einfach bezaubernd.

© Parden

 

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Zu diesem besonderen Buch gibt es auch wieder eine aufgearbeitete Version der Rezension in unserem Blog:

http://www.litterae-artesque.blogspot.de/2013/09/hanff-helene-84-charing...