Rezension

Für Fans von Jonathan Franzen und Jeffrey Eugenides

Bonita Avenue
von Peter Buwalda

Bewertet mit 3 Sternen

Es tun sich Abgründe auf in diesem großartig geschriebenen, fesselnden Familienroman, den man, so begonnen, nicht mehr aus der Hand legen mag.

Siem Sigerius ist nicht nur einer der besten Judoka der Niederlande, er ist auch ein ganz  hervorragender Mathematiker und der beliebte und angesehene Rektor einer nicht unbedeutenden Universität. Die amtierende Regierung könnte sich ihn zudem sehr gut als künftigen Wissenschaftsminister vorstellen.

Auch privat scheint das Leben des leistungs- und erfolgsorientierten Siem wie aus dem Bilderbuch. In einem alten Bauernhaus lebt er zusammen mit seiner Frau und seinen beiden ebenso schönen wie intelligenten Töchtern.

Bei näherer Betrachtung allerdings zeigen sich schnell Risse in der schönen Fassade: Die beiden Töchter sind nicht seine leiblichen, und ihre Intelligenz und Schönheit nutzen sie nicht ganz im Sinne des Stiefvaters. Vor allem Joni, die ältere von beiden, geht so ihre eigenen, speziellen Wege. Sein Sohn Wilbur, der aus einer früheren Ehe stammt und schon von klein auf einen Hang zum Kriminellen zeigte, ist mittlerweile ein verurteilter Mörder. Auch Jonis Freund Aaron, zu dem Siem ein enges freundschaftliches Verhältnis pflegt und mit dem er einmal die Woche abends Judo trainiert, erfüllt nicht ganz Siems Erwartungen.

An dem Tag, an dem in Enschede eine Fabrik explodiert, in der Feuerwerkskörper hergestellt werden, kommen Dinge in Gang, die, man ahnt es schon, kein gutes Ende finden können. So nimmt das Drama seinen Lauf und das mühevoll errichtete Gebäude aus lauter Lebenslügen stürzt in sich zusammen.

 

Sprachlich ebenso geschliffen wie einfallsreich erzählt Buwalda diese ungewöhnliche Familiengeschichte  und  zerstört dabei so nach und nach den Traum vom perfekten bürgerlichen Leben. Auch vor einem erfolgreichen, attraktiven, selbstbewussten Universitätsprofessor macht das Schicksal nicht halt und so hat Siem einiges zu schlucken. Ob ihn die persönliche Enttäuschung mehr schmerzt als der hinzunehmende Kontrollverlust den er erleidet, sei dahingestellt. Einfach ist das alles jedenfalls nicht.

Buwalda ist ein faszinierender, vielschichtiger  Roman gelungen, den man guten Gewissens in einem Atemzug mit den großen amerikanischen  Familienromanen eines Jonathan Franzen oder Jeffrey Eugenides nennen kann. Aus der Geschichte einer Familie entwirft er ein treffendes, schonungsloses Gesellschaftsbild, zeigt dass nicht immer alles so ist, wie es vordergründig aussieht und stellt unser gültiges Wertesystem in Frage.

Fazit: ein ganz großer Wurf; unbedingt lesen!