Rezension

Freiheit contra Mutterliebe

Eine Frau -

Eine Frau
von Sibilla Aleramo

Bewertet mit 4 Sternen

Selbstanalyse einer jungen Frau, die man vom frechen jungen Mädchen bis zur reifen, nachdenklichen und alles hinterfragenden Mutter begleitet.

Sibilla Aleramo, geb. 1876 in Alessandria Prov. Piemont, gest. 1960 in Rom, war eine italienische Schriftstellerin, Dichterin und Feministin. Ihre Kindheit verbrachte sie in Mailand, bevor die Familie in ein Dorf im Süden Italiens zog, wo der Vater in einer Glasfabrik den Direktorenposten erhalten hatte. Mit knapp 15 Jahren arbeitete sie bereits als Assistentin im Büro ihres Vaters. Dort lernt sie auch einen zehn Jahre älteren Mann kennen, den sie im Alter von 17 Jahren trotz ihrer Zweifel an der Liebe heiratet. Bald wird ihr Sohn geboren, der zum Mittelpunkt ihres Lebens wird und sie für das öde Landleben entschädigt. Später zieht die Familie nach Rom, wo sie das lange vermisste kulturelle Leben und etwas persönliche Freiheit erfährt. Dort nimmt sie eine journalistische Tätigkeit für die sozialistische Wochenschrift L’Italia femminile auf, wo sie auch einige bedeutende Persönlichkeiten der Zeit kennen lernt. Doch dann wird ihrem Mann die Direktorenstelle, die bisher ihr Vater innehatte, in der Glasfabrik im Dorf angeboten … 

Dieser autobiografische Roman „Eine Frau“ (orig. „Una Donna“ aus dem Jahre 1906), der in den 1970er Jahren schon einmal ins Deutsche übersetzt wurde, liegt jetzt in einer etwas moderneren Neuübersetzung von Ingrid Ickler vor und ist im Eisele-Verlag erschienen. Das Buch schildert die ersten fünfundzwanzig Jahre eines Frauenlebens in Italien im ausgehenden 19.Jahrhundert/Anfang 20.Jahrhundert, das ziemlich genau der Vita der Autorin entspricht. Sie schildert darin neben mehr oder weniger dramatischen Ereignissen auch ihre Zerrissenheit, ihre Gedanken, ihre Gefühle und ihre Zweifel, betrachtet aufmerksam ihr Umfeld und kritisiert die Gesellschaft. Ihre Sprache ist lebhaft, feinsinnig und bildreich, die Ausdrucksweise und Formulierung oft theatralisch, was wohl der damaligen Zeit entspricht. Sie will etwas anderes als das, was man seinerzeit von einer Frau erwartet, und muss deshalb eine schwerwiegende Entscheidung treffen … 

Ein Nachwort von Elke Heidenreich trägt entscheidend dazu bei, das Buch und besonders die Gefühle der Frau besser zu verstehen. 

Fazit: Es ist die Geschichte vieler Frauen, die auch heute noch mental und finanziell von Männern abhängig sind und von diesen ausgenutzt werden. Lesenswert!