Rezension

Flamingos – Ulrike Almut Sandig

Flamingos - Ulrike Almut Sandig

Flamingos
von Ulrike Almut Sandig

Über das Spiel mit der Erinnerung und die Gestaltungskraft der Phantasie

Begeisterte Reaktionen bei Lesern und Kritikern:  Im Literaturverlag Schöffling & Co erschien zum Herbst 2010 die neue, ganz aussergewöhnliche Prosa von Ulrike Almut Sandig – diesmal als schön ausgestatteter Leseband mit elf Geschichten. Ulrike Almut Sandig ist eine grossartige Entdeckung am Literaturhimmel, wir erleben hier die Geburt einer Erzählerin.

„Flamingos stehen in Gruppen, aber jeder Einzelne ist allein. Sie halten Abstand. Sie sind wachsam. Wir finden sie hässlich. Wir finden sie schön. Sie sehen aus, als würden sie brennen, aber das ist nicht wahr. Sie erwecken den Anschein, als wären sie gar nicht da. Sie sind aber da. Sie stehen mitten unter uns, und sie sind schwer. Doch auf der Oberfläche der seichten Gewässer laufen Sie uns davon. Und dann fliegen sie auf.“

Diese Sätze aus dem Geschichtenband von Frau Sandig beschreiben schön ihre grösste Kunst: Erzählungen, Prosa  zu schreiben auf Märchenebene, surreal, melancholisch, anschauungsgesättigt, nah und distanziert zugleich, immer jedoch ungewöhnlich und SEHR GUT!

Alle elf Geschichten sind so unterschiedlich und so spannend und überraschend in ihren Wendungen, so eindringlich und hintergründig in der Sprache, dass man eine nach der anderen lesen möchte, es entsteht ein Sog, der nur wirklich selten guten Autoren gelingen mag.

Exkursionen in Kreissääle, Pferdeställe, Musikzimmer, Pfarrhäuser und auf Friedhöfe – wir alle kennen die meisten Orte oder glaubten dies zumindest bis zu dieser Lektüre– Frau Sandig zeigt uns die Schichten darunter, die Tiefen des menschlichen Seins.

Und doch sind die Texte leicht, fast kindlich, zart und verspielt. Nichts ist gekünstelt, jedes Wort ist mit Bedacht gesetzt.
Die Ungeheuerlichkeit findet den Platz zwischen den Zeilen…

Das rüttelt auf, stimmt nachdenklich, macht bescheiden und wirft Fragen auf zum eigenen Selbst. An dem Punkt angelangt versteht man, spürt man, dass Urike Almut Sandig neben Indologie auch Religionswissenschaft studiert hat. So kann endlich wieder ein Text, hier mehrere Texte, die an sich nicht spiritueller Natur sind, doch an die Seele  rühren…

Und deswegen liebe ich diesen kleinen, feinen Band und empfehle ihn wärmstens weiter:
Lesen funktioniert hier subkutan!
Ein Buch, das bleibt!
Gratuliere, Frau Sandig! Wir Buchhändler wollen mehr davon!