Rezension

Fesselnd und politisch brisant

Märzwinter - Ein Berlin Krimi - Bettina Kerwien

Märzwinter - Ein Berlin Krimi
von Bettina Kerwien

Bewertet mit 5 Sternen

„...Konfrontation ist nichts als ein kooperatives Spiel zweier Gegner, die bei allen Differenzen doch gleiche Ziele verfolgen. Die brillante Beschreibung der Parteienlandschaft einer modernen Demokratie...“

 

Liberty Vale war Flugbegleiterin. Nach einer Auseinandersetzung mit einem unvernünftigen Fluggast ist sie ihren Job los. Jetzt arbeitet sie in Berlin für einen Begleitservice.

Im Konferenzraum von MGF, einer weltweit operierenden Computerfirma, treffen sich der Ministerialdirektor Karl zu Saynheim, Viktoria Jung, die Chefin der Firma, und Heiko Lorenzo, Italiener und Inhaber einer Security-Firma. Die Staatssekretärin Julia Steinberg hat Beweise, dass die Firma nicht nur illegale Überwachungen durchführt, sondern massiv Politiker bestochen hat. Die Herrschaften planen ein raffiniertes Mordkomplott. Helfer an ihrer Seite ist Herr Jäger, Lobbyist im Bundestag und spezialisiert auf Erpressungen jeder Art. Seine Freundin Susi ist die Auftraggeberin für Liberty. Außerdem kann Jäger auch auf den ehemaligen Polizist und jetzigen Personenschützer Sanders zurückgreifen.

Die Autorin hat einen fesselnden und harten Krimi geschrieben. Das Buch lässt sich gut lesen. Das liegt an den kurzen Kapiteln, den schnell wechselnden Handlungsorten und den zwei unterschiedlichen Schriftstilen. Letzteres resultiert daraus, dass ein Teil des Buches in der Ich-Form geschrieben ist. Die Erzählerin ist Liberty.

Die Vielzahl der Personen kann zu Beginn etwas verwirren, aber das legt sich schnell. Mit Hilfe von Liberty und Sanders wird Julia eine Falle gestellt. Beide glauben, dass es um Fotoaufnahmen geht. Nach dem Tod der Staatssekretärin werden beide als Mordverdächtige gesucht. Die Handlung verfügt über einen hohen Spannungsbogen, weist ein rasantes Tempo auf und schaut hinter die Verflechtungen von Politik und Wirtschaft.

Während Liberty ihre Geschichte in leicht flapsigen Ton erzählt, ist der Stil der anderen Teile durch kurze Sätze, harte und punktgenaue Formulierungen gekennzeichnet. Ab und an zeigen Libertys Formulierungen allerdings fast philosophische Tiefe. Der Sprachstil sorgt für das extrem hohe Tempo der Handlung. Bei den Verfolgungsjagden gibt es kein Wort zu viel und keines zu wenig. Ab und an schwingt ein feiner Humor und trockener Sarkasmus mit. Die Diskussionen von Viktoria Jung mit ihren Leuten sind erschreckend realistisch. Es geht um Manipulation der Menschen, der Politiker und der Welt. Hochspezifizierte Algorithmen sind das Mittel der Wahl. Wer diese beherrscht, hat die macht. Berlin in seiner Vielfalt wird gut beschrieben, so dass ich als Leser den Handlungsorten folgen kann.

Libertys Auftreten schwankt je nach Erfordernis zwischen selbstbewusster junger Dame und naiven Weibchen. Lange blonde Haare sind ihr Markenzeichen. Sanders ist Einzelgänger. Im Laufe der Handlung wird klar, welche Schicksalsschläge ihn dazu gemacht haben. Nun sind beide aufeinander angewiesen. Man könnte fast formulieren: sie können nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander. Sprachlich gelungen wird dargestellt, wie sie sich nach und nach zusammenraufen und jeder die eigene Stärke einbringt.

Das in Rot gehaltene Cover mit dem Blick auf die Spree passt.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Das Themen Korruption und Erpressung durchziehen die Geschichte und machen auch vor dem LKA und anderen Polizeidienststellen nicht halt. Es ist erschreckend, wie schnell ein Mensch erpressbar ist und wie hilflos die Staatsdiener häufig sind.