Rezension

faszinierend und verstörend

Die Schmerzmacherin. - Marlene Streeruwitz

Die Schmerzmacherin.
von Marlene Streeruwitz

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Die Schmerzmacherin" von Marlene Streeruwitz ist ein mutiges Buch: Es traut sich anders zu sein.

Amy ist Mitte 20 und bekommt durch ihre Großtante eine Ausbildungsstelle in einer internationalen Sicherheitsfirma vermittelt. Das Unternehmen erscheint zwielichtig, gewaltätig und angsteinflößend. Nie kann Amy wirklich sicher sein, was passiert, welche ihrer Eindrücke echt sind und was Einbildung. Dann fehlt ihr plötzlich ein Tag ihrer Erinnerung, ein enger Freund liegt schwerverletzt im Krankenhaus und sie erleidet kurz darauf eine Fehlgeburt, obwohl sie sich nicht einmal an Geschlechtsverkehr erinnern kann...

Die Autorin vermittelt die entstehende Verwirrung Amys auf einzigartige Weise durch ihren Schreibstil. Sätze sind oft nur Fetzen, Punkte werden gesetzt, wo keine hingehören, Worte werden einfach ausgelassen. Der Sinn ergibt sich oft erst aus dem Zusammenhang mehrerer solcher abgebrochenen Gedanken.
Durch den Schreibstil allein vermittelt Streeruwitz schon eine Dunkelheit, ein unheimliches Gefühl, das mich als Leser mitriss und nicht mehr losließ. Hinzu kommt die Schnelligkeit, in der die Ereignisse stattfinden und die durchgehend greifbare Spannung um die Organisation, in der Amy arbeitet, da diese fast immer undurchsichtig und bedrohlich bleibt.

Beim Lesen fiel es mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen, so sehr hat es mich gefesselt und in seine düstere Stimmung hineingezogen. Es ist von einer Andersartigkeit - schon durch den teilweise nicht einfach zu lesenden Schreibstil - die vermutlich verhindert, dass es eine breitere Masse ansprechen kann. Sein Platz auf der Shortlist des Buchpreises 2011 hatte es aber mehr als verdient und wer Gefallen daran hat, auch einmal einen ungewöhnlichen Gebrauch von Sprache zu erleben, wird mit in diesem Buch ein lohnenswertes Experiment eingehen.

Mich konnte es rundherum überzeugen. Es hat mich gleichzeitig fasziniert und verstört und hinterlässt einen bleibenden Eindruck.