Rezension

Faszinierend aber verwirrend

Am Ende schmeißen wir mit Gold
von Fabian Hischmann

Bewertet mit 3 Sternen

Maximilian Flieger, genannt Max, ist fast 30 Jahre alt und seit kurzen Lehrer in Bremen. Aber so richtig sagt im der Job nicht zu. Seine freie Zeit verbringt er lethargisch auf der Couch und schaut dabei Tierdokumentationen. Auch seine Sommerferien beginnen so, bis seine Eltern anrufen und ihn bitten im alten Zuhause mitten im Schwarzwald Haus und Hund zu hüten, während sie in Griechenland sind.

Als er ankommt, wird sein Plan, seine restliche Zeit ebenfalls vor dem Fernseher zu verbringen, schnell auf den Kopf gestellt. Denn Maria ist auch wieder da, und Jan, zwischen beiden konnte er sich schon vor 15 Jahren nicht entscheiden und hatte seither keinen Kontakt. Und schon tauchen wir ein in viele Erinnerungen und Rückblenden, die Hischmann immer wieder einbaut. Erinnerung an seine recht idyllische Kindheit und typische Jugend mitten im Schwarzwald.

„[…] dann beginnt der Wald, in dem so viel passiert ist. Da habe ich zum ersten Mal geraucht, zum ersten Mal gefickt und einmal fast einen umgebracht.“ (S. 17)

Die beiden Leben in einer Art autarken Hippi-WG auf einem alten Hof, den Jan geerbt hat. Doch alle wissen erst einmal nicht so richtig, ob sie sich wieder mögen oder nicht. Max ist nicht klar ob er Jan umbringen oder in den Arm schließen möchte. Dennoch kommen bei Fahrten mit dem alten VW-Golf oder dem Stockbrotgrillen über einem Lagerfeuer und Nachtwanderungen im Wald alte Kindheitsgefühle zurück. Auch Valentin, sein bester Freund aus Bremen kommt zu Besuch. Und während sie ihre mehr oder weniger vorhandene Idylle leben, erzählt Max sein Geheimnis, dass ihn seit Jahren noch aus der Zeit in New York verfolgt. Ein Ereignis, dass ihn nachhaltig traumatisierte.

PENG!

Noch heute wird er von einem imaginären Mitbringsels namens Patrick verfolgt.

PENG!

Er nimmt es hin. Jahrelang. Erst als ein weiteres Ereignis seine Welt ins wanken bringt, drängt sich Patrick immer mehr auf und Max reist nach Kreta und New York – erst um wegzulaufen, dann auch um den Geistern seiner Vergangenheit zu begegnen und die jüngsten Ereignisse zu verarbeiten.

„Ich habe ein Foto ausgesucht, auf dem sie beide im Garten sitzen und es in mein Portemonnaie gesteckt. Am Ende wollte ich einfach, dass sie lächeln.“ (S. 144)

Hischmann schreibt die Geschichte von Max auf eine sehr eigenwillige Art und Weise. Viele kurze, abgehackt Sätze, die Grammatik geht hier teilweise vollkommen vor die Hunde. Der Stil ist gewöhnungsbedürftig, man muss ihm Zeit geben, um ihn wirken zu lassen. Viele Sätze sind sehr sperrig, sodass ich sie mehrmals lesen musste.

„Am Ende schmeißen wir mit Gold“ ist anders als alles, was ich bisher gelesen habe und genau deshalb gut. Hischmann konnte mich das ganze Buch über auf seine Art faszinieren, wenn ich auch nicht richtig sagen kann, ob ich das Buch jetzt wahnsinnig gut oder eher nicht so gut fand. Ich komme aus der Geschichte eher verwirrt und fast neutral heraus.

Alles in allem gab es mir etwas zu viel Durcheinander, zu viele Infos, zu viel Geschehen. Es fehlte an Struktur und auch am roten Faden. Ich bin noch ganz erschlagen. Aber ich wurde auch unterhalten und in meine eigenen Erinnerungen an Kindheitsidylle zurückgeworfen. Dinge wie Ausflüge an denen es BumBum-Eis gab, Kinderserien und alte Filme – ein Roman voll mit Sachen meiner Generation.

Insgesamt ist das Buch aber weder eines, dass man unbedingt lesen muss, noch eines, bei dem ich es bereue es gelesen zu haben. Die Sprache fasziniert mich auch rückwirkend noch, ich konnte lachen und in Erinnerungen schwelgen. Ich war aber zunehmend auch verwirrt und die Geschichte selbst ist recht unspektakulär und irgendwie etwas fade gesponnen. Sie war mir nicht strukturiert genug, ging mir nicht tief genug.

Die Bonuspunkte bleiben einzig der Schreibstil und die zahlreichen Stücke Kindheit, die zwischen den Zeilen versteckt liegen.