Rezension

Fast gescheitert und doch begeistert

Final Cut - Veit Etzold

Final Cut
von Veit Etzold

Bewertet mit 4 Sternen

Der Klappentext – von der Aufmachung Top, vom Inhalt allerdings ein wahrer Flop. Der Klappentext ist gut und spannend, keine Frage, allerdings passt er so gut wie gar nicht zum Buch. In Anbetracht dieses Klappentextes hätte ich eine Geschichte über eine junge Frau erwartet, die sich einem Internetflirt hingibt und dadurch in Schwierigkeiten gerät. Allerdings ist die Geschichte schonmal nicht aus der Opfer-Perspektive geschrieben, sondern überwiegend aus der von Clara Vidalis, einer Berliner Hauptkomissarin, die makabere Botschaften eines Serienkillers, der sich selbst Der Namenlose nennt, erhält.

Gerade zu Beginn der Geschichte war mir jene Clara Vidalis äußerst unsympathisch. Sie verkörperte mein Standartbild der starken Power-Frauen-Polizistin, die gleichzeitig schon so viel durchgemacht hat und einfach eine Mary Sue, also ein zum Kotzen perfekter Charakter, ist. Jedoch wurde sie mir im Laufe der Geschichte sympathischer, weil sie nach und nach eben doch nicht wie die so tolle, bewundernswerte Heldin wirkte und ich sie gegen Ende des Buches sogar ein wenig in mein Herz schließen konnte.

Auch die Handlung zu Beginn des Buches reizte mich irgendwie nicht sonderlich, sodass ich Final Cut beinahe schon weggelegt hätte, jedoch blieb ich im Nachhinein betrachtet glücklicherweise am Ball. Denn neben sympathischer Charaktere, die mir mit Ausnahme von Clara schon zu Beginn gefielen, bot Final Cut auch eine recht kreative Geschichte – gerade was die Vorgehensweise des Mörders angeht.

Dieser ist unumstritten ein wahrer Psychopath, gefiel mir persönlich aber (vielleicht gerade deswegen?) sehr.

Ein weiterer positiver Punkt ist, dass man merkt, dass Veit Etzold was das Internet angeht recht gut auskennt, auch wenn es überwiegend negativ dargestellt wurde, und auch, dass Etzold selbst in Berlin, also dort, wo die Geschichte spielt, lebt, konnte man an der Sicherheit der Wegbeschreibungen erkennen.

Zudem scheint er einen recht guten Literatur-Geschmack zu haben, da sämtliche Anspielungen auf Bücher hinwiesen, die mir entweder schon vorher vom Titel her bekannt waren oder die ich gar selbst gelesen habe, was einer der Gründe ist, warum ich mir vorstellen könnte, mehr von ihm zu lesen. Ein weiterer Grund ist, dass die Länge des Buches gut gewählt ist. Meiner Meinung nach wurde das Potenzial der Geschichte gut genutzt, ohne sie aber zu sehr in die Länge zu ziehen. Das hätte mir auch einen Teil der Lesefreude genommen, denn dann wäre vermutlich größte Kritikpunkt zum Problem geworden:

So manches Detail der Geschichte ist vorhersehbar. Man ahnt schon recht früh, wer der Mörder ist und wird lediglich durch sein genaues Vorgehen und die Ermittlungsfortschritte der Polizei überrascht. Allerdings ist die Geschichte nicht dermaßen vorhersehbar, als dass man gelangweilt wird.

Alles in Allem betrachtet ist Final Cut also ein interessanter Thriller, der nichts für seichte Gemüter ist aufgrund einiger makaberer Passagen. Einziger Minuspunkt ist die Tatsache, dass Zusammenhänge für den Leser doch recht leicht zu durchschauen sind. Dennoch hat sich Final Cut von Veit Etzold 4 von 5 Sternen verdient.