Rezension

Familie und andere Katastrophen

Meine kleine Welt -

Meine kleine Welt
von Ewald Arenz

Bewertet mit 4 Sternen

Wenn es nach mir geht, dürften Bücher gern dick, dicker, am dicksten sein. Ich liebe seitenstarke Wälzer – man kann so richtig schön in die episch auserzählten Geschichten einsteigen und begleitet seine Lieblingscharaktere auf vielen, vielen Seiten. Um Kurzgeschichten mache ich daher in der Regel einen großen Bogen. Während ich noch dabei bin, mich in den Text einzufühlen, ist die Geschichte auch schon wieder vorbei. Das kann mitunter recht frustrierend sein. Aber manchmal überraschen mich Erzählbände auch ganz unverhofft mit ihren Geschichten. Ewald Arenz‘ Familiengeschichten ist ein gutes Beispiel dafür. Witzig, unterhaltsam, pointiert und ironisch berichtet Arenz‘ Alter Ego Heinrich aus seinem Familienalltag mit drei Kindern, Frau und Katze. Bereits in der ersten Geschichte habe ich die Figuren ins Herz geschlossen und dreimal laut gelacht. Ein gutes Zeichen.

Es mag sein, dass Arenz hier auch das ein oder andere Familienklischee bedient, wie die innerhalb von Sekunden himmelhochjauchzende bis zu Tode betrübte Tochter, der neomonarchistische Sohn (welche Anti-Rolle einem halt so übrig bleibt bei einem linksliberalen Vater) mit Bierlaunen und Schulversagergen, der eigensinnige Dreikäsehoch mit Vorliebe für Waffenwunschzettel an den Weihnachtsmann, die coole, schlagfertige Ehefrau und eine Katze mit Vorliebe für Nachmittagsschläfen in der Familienkutsche. In den kurzen Texten greifen sich die Szenen unverzüglich ihren Raum im eigenen Kopfkino, die Pointen sitzen und Halbzeitlehrer Heinrich kann gut damit leben, dass er in seinen Ich-Erzählungen in der Regel selten gut dasteht. Ob im verbalen Schlagabtausch mit seinen Kindern oder seinen Schülern, im Kampf gegen bayrische Gepflogenheiten auf dem Land oder der hinlänglich bekannten Berliner Freundlichkeit – einer muss schließlich die Zeche zahlen. Und wie nebenbei kommen viele wichtigen Themen auf den Tisch, die unsere Gegenwart prägen und im Generationskonflikt unausweichlich sind, aber auch die Grotesken unseres Alltags aufzeigen. Mit seinem tiefgründigen Humor und dem fachkundigen Jonglieren der deutschen Sprache kann ich Ewald Arenz „Meine kleine Welt“ uneingeschränkt weiterempfehlen.