Rezension

Europa im 15. Jahrhundert zum Leben erweckt

Das dunkle Herz der Welt - Liliana Le Hingrat

Das dunkle Herz der Welt
von Liliana Le Hingrat

Das dunkle Herz der Welt von Liliana Le Hingrat ist im November 2015 im Droemer Knauer Verlag erschienen und spielt kurz vor den Türkenkriegen im 15. Jahrhundert.

Als Vladislav Draco in den Drachenorden aufgenommen wird, glaub er endlich am Ziel seiner Träume angelangt zu sein und den Thron seines Vaters in der Walachei zurückerobern zu können.
Doch leider befindet sich Europa in der Mitte des 15. Jahrhunderts in einer sehr misslichen Lage. 
Die Osmanen erstarken immer mehr und können weiter in das Herz Europas vordringen und Europa ist in religiösen Kämpfen sowie politischen Intrigen gefangen und geschwächt.
Auch Janos Hunyadi, ein ehemaliger Freund und Waffenbruder Vladislavs, mischt hier mit und ist von seinem Hass auf seinen ehemaligen Freund getrieben.

Liliana Le Hingrat konnte mich mit ihrem Werk von Anfang an in ihren Bann ziehen. Ich bin sehr gut in die Geschichte reingekommen und es war sehr interessant etwas über die Geschichte Europas im 15. Jahrhundert zu erfahren. Ich bin immer wieder erstaunt wie weit östlich in Europa es doch so etwas wie "deutsche" Wurzeln gibt. Hier war auch besonders das Kartenmaterial im Buchumschlag am Anfang und Ende hilfreich. Transsilvanien oder auch Siebenbürgen liegt im heutigen Rumänien und Mitte des 15. Jahrhunderts hatten die Ortschaften dort deutsche Namen wie Hermannstadt oder Kronstadt.
Auch sehr interessant war der Fakt, dass es im osmanischen Reich möglich war, seine Religion frei auszuüben, währenddessen in Europa alle vom Katholizismus als einzig wahren Glauben überzeugt werden sollten und somit auch das orthodoxe Christentum nicht akzeptiert wurde.
Der  Schreibstil der Autorin hat mir gut gefallen. Das Buch ist flüssig zu lesen und man ist meist direkt beim Geschehen dabei. Ich konnte allerdings nicht so ganz mit den Hauptpersonen mitfiebern. Es war für mich eher ein sehr interessiertes Verfolgen der Geschehnisse als Außenstehende Person. Dies liegt womöglich auch daran, dass Liliana Le Hingrat fast ausschließlich historische Persönlichkeiten in ihrem Roman auftreten lässt und sich kaum eigene Persönlichkeiten ausgedacht hat.
Dennoch wirkt der Roman sehr akribisch recherchiert und konnte mich überzeugen.
Sehr traurig gemacht hat mich das Schicksal der Kinder von Vladislav Basarab Draco.
Wahnsinn was die Kinder alles in der Gefangenschaft der Osmanen ertragen mussten. Da is es echt kein Wunder, was später aus Vlad Draculea wurde.
Aber nicht nur die Osmanen haben sich auf Brutalität und Grausamkeit verstanden, auch die Christen stehen ihnen in dieser Hinsicht kaum in etwas nach, auch wenn die Strafen andere sind.
Die Autorin hat es wirklich geschafft ein lebhaftes Bild Europas im 15. Jahrhundert entstehen zu lassen. Das Buch bietet alles was einen guten historischen Roman ausmacht: Liebe, Hass, Intrigen, Verrat, blutige Schlachten, bittere Niederlagen, glorreiche Siege, Machtkämpfe...
Von daher hat sich Liliana Le Hingrat echt einen guten und historisch sehr interessanten Zeitraum ausgesucht. Auch, dass es eher nicht die typischen mittelalterlichen Schauplätze waren, hat mich sehr begeistert. Wann liest man schon mal einen Roman, der zu einem großen Teil in der Walachei spielt?!
Erwähnenswert ist auch noch die Aufmachung des Buches. Das Cover gefällt mir sehr gut. Die Schrift und der Ouruborus sind eingeprägt. Zusätzlich ergänzt wird der positive Eindruck durch die schon vorher erwähnten Karten im Buchumschlag und ein umfangreiches Nachwort sowie ein Personenverzeichnis.
Einen Stern Abzug gibt es von mir, da ich immer noch nicht ganz verstehe, wie man es so schnell erreichen konnte, die Freundschaft zwischen Vlad Basarab Draco und Janós Hunyadi zu zerstören. Es muss wohl tatsächlich am grundsätzlichen Charakter von Janós liegen, aber das ging mir dennoch ein wenig zu einfach. Und so schade ist es noch dazu...

Fazit: Von mir gibt es 4 Sterne und eine ganz klare Leseempfehlung für ein Buch, dass das 15. Jahrhundert lebendig macht.