Rezension

Eine Zeitreise zurück in die leichte, phantasievolle Kindheit und in die 1990er Jahre in Berlin!

Am Rand der Dächer - Lorenz Just

Am Rand der Dächer
von Lorenz Just

In diesem Roman begleiten wir Andrej während seiner Kindheit und Jugend und dürfen daran teilhaben, wie er die Nachwendezeit in Berlin-Mitte erlebt und dort heranwächst. Oft zieht er mit seinem Freund Simon und seinem Bruder Anton durch die Straßen in seinem Viertel und lässt sich durch die neuen Wahrnehmungen und Erlebnisse begeistern. Die Schilderungen der Wahrnehmungen erfolgen zunächst sehr phantasievoll, wie es für ein Kind typisch ist. Es scheint, als wäre alles mit einem Zauber belegt, was auch an den herbeiströmenden Veränderungen in der Nachwendezeit liegt. Mit dem Fortschreiten der Zeit legt sich der Zauber immer mehr und auch die Phantasie der Jugendlichen wird immer weniger, die Sicht wird klarer. Die Kindheit und das Heranwachsen werden so authentisch und genau beschrieben, dass man sich sofort in die eigene Kindheit zurückversetzt fühlt. Man erinnert sich an so viele Dinge aus der damaligen Zeit, die man beinahe vergessen hat. Dabei ist der Roman sprachlich eine Wucht! Die Wahrnehmungen, Gefühle und Erinnerungen als Kind und Jugendlicher werden so treffend, malerisch und dicht beschrieben, dass ich die einzelnen Passagen noch einmal lesen musste, weil ich so begeistert davon gewesen bin, wie gut Lorenz Just diese auf den Punkt gebracht hat. Es waren genau die Empfindungen, die ich damals auch hatte. Der Roman ließ mich die Nostalgie auf einer ganz neuen Ebene erleben, sodass ich ihn sehr ins Herz geschlossen habe. Mit dem Heranwachsen gehen auch neue Interessen und Sichtweisen einher. Andrej und Simon begeben sich in Gefahr, brechen in Häuser ein, begehen Diebstahl. Anton probiert Drogen aus, Andrej erlebt die erste Liebe. Die Jugendlichen interessieren sich für Amerika, welches für sie die pure Freiheit symbolisiert. Der Übergang von Andrejs phantasievoller, verschleierter Wahrnehmung zur klaren, realen Sicht auf die Welt und das Leben ist fließend gelungen. Ihm wird bewusst, dass sich alles stetig und rasant verändert und dass nichts mehr so sein wird, wie es war, "in meinem Viertel, das vielleicht nie mehr als nur die Kulisse meiner Kindheit gewesen war".

Fazit: Das Buch ist etwas ganz Besonderes und ich kann es nur wärmstes weiterempfehlen, weil man die eigene Kindheit und Jugend noch einmal erleben darf sowie auf einer weiteren Ebene die heranströmenden Veränderungen in der Nachwendezeit nochmals vor Augen geführt bekommt!