Rezension

Eine unglaublich interessante, aber auch verstörende Thematik, die unglaublich nahe geht.

Brave Mädchen weinen nicht -

Brave Mädchen weinen nicht
von Dania Dicken

Bewertet mit 5 Sternen

Libby Whitman ist bereits als erfolgreiche Profilerin bekannt und hat ihre eigene Reihe erhalten.
Bereits in einem von Sadies Fällen ging es um Libby, was mich damals wirklich mitgenommen hat.
Umso schöner, jetzt auch Libbys Vorgeschichte lesen zu können.
Lilly stammt aus einer Mormonen Sekte, was schon sehr extrem klingt, man sich aber so oft gar nicht vorstellen kann, was das tatsächlich bedeutet und wie das überhaupt alles funktionieren kann.
Darüber gibt Dania Dicken einen sehr fundierten und gut recherchierten Einblick.
Was unglaublich interessant, aber auch erschütternd und beklemmend ist.
Man fragt sich, wie so etwas möglich sein kann und wieso niemand dagegen vorgeht.
In diesem Buch geht es um Grace und Libby.
Grace mochte ich schon damals unglaublich gern und habe mich so gefreut, etwas mehr über sie zu erfahren.
Grace ist sanft, liebevoll, aber auch sehr impulsiv.
Ihre Geschichte hat mir förmlich das Herz zerrissen. Ich habe ihre Freude, ihr Glück gespürt. Ihre Lebendigkeit und Losgelöstheit gekostet und darin gebadet.
Es war unglaublich und so lebensbejahend.
Dania Dicken beschreibt die Emotionen so lebendig und leidenschaftlich, dass man ihr jedes Wort glaubt und in sich aufsaugt.
Aber nicht nur positive Vibes bestimmen ihr Leben. Das zu erleben, zu realisieren, was da eigentlich passiert, hat mir das Herz gebrochen und mich so mit Wut erfüllt.
Das dafür keine Worte möglich sind, um dies nur ansatzweise in Worte zu fassen.
Diese Story ist in zwei Teile gegliedert.
Einmal in Grace‘ Part und einmal in Libbys.
Jede für sich genommen ist sehr tragend und bewegend. Wobei ich tatsächlich sagen muss, dass mich Grace‘ Schicksal noch etwas mehr berührt hat.
Was aber vielleicht auch am jeweiligen Alter liegt und bei Grace stärker und intensiver ins Leben eingegriffen wird.
Damit man versteht, wirklich versteht.
Wie sehr sie unter dem Ganzen zu leiden hat. Wie sehr es sie innerlich zerbrechen lässt.
Wie unbedarft und weltfremd sie ist. Bis schließlich das Leben nach ihr greift und sie es wirklich und allumfassend davon kosten und zehren kann.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es hierbei auch um körperlichen und mentalen Missbrauch geht, ebenso was die Gewalttaten angeht, die besonders auf der psychologischen Ebene so tiefgreifende Wirkungen erzielen.
Dabei geht es keineswegs nur um Unterdrückung, Angst und Verzweiflung.
Man erlebt hier eine junge Frau, die kämpft, bis sie nicht mehr kämpfen kann.
Wie der Mut sie verlässt und innerlich abstumpfen lässt.
Aber welche Wahl hat sie?
Welche Wahl gibt ihr das Leben überhaupt noch?
Die Thematik ist sehr verstörend, aber auch wichtig. Denn so wie Grace und Libby geht es vielen Menschen und es gilt als normal.
Dadurch, dass man von beiden Frauen die Perspektiven erfährt, erlebt man auch, was in Ihnen vorgeht und was sie fühlen.
Wie ihre Unschuld geraubt und zerstört wird.
Wie sie innerlich vernichtet werden, bis nichts mehr bleibt.
Es ist einfach nur erschütternd und wunderschön zugleich.
Ich kann nur sagen, dass ich besonders diese Vorgeschichte wirklich liebe. Weil es erklärt, was es mit Libbys Leben auf sich hat und was diese gravierenden Einschnitte in ihrem Leben bedeuten und warum sie letztendlich zu Sadie kam.
Perfekt, um die Reihe um Libby Whitman zu beginnen.

Fazit:
Wer schon immer die Vorgeschichte von Libby Whitman erfahren wollte, hat hier die Chance dazu.
„Brave Mädchen weinen nicht“ ist die Geschichte von Libbys Mum Grace, aber auch Libbys Vorgeschichte.
Ein unglaublich emotionales und tiefgreifendes Buch, das zeigt, wozu psychischer Missbrauch fähig ist.
Eine unglaublich interessante, aber auch verstörende Thematik, die unglaublich nahe geht.
Mich konnte Dania Dicken damit wieder auf jeder Ebene begeistern und innerlich aufwühlen.
Unbedingt lesen.