Rezension

Eine süffisante Sagengestalt erzählt aus ihrer Perspektive...

Penelope und die zwölf Mägde -

Penelope und die zwölf Mägde
von Margaret Atwood

Bewertet mit 5 Sternen

Oft genug ist die Geschichte von Odysseus erzählt worden, seinem Listenreichtum im trojanischen Krieg, seiner Irrfahrt auf dem Weg zurück zu seiner Gemahlin nach Ithaka. Nun erzählt Penelope aus den Tiefen des Hades, und sie lässt kein gutes Haar an ihrem Mann!

Penelope, die nicht mit der vielbesungenen Schönheit ihrer Cousine Helena gesegnet ist, bleiben weniger Heiratsoptionen. Sie wird Odysseus zur Frau gegeben, den sie als kurzbeinigen Tölpel beschreibt, der nur zu allzu gern mit seinen Tricks prahlt. Überhaupt hält sich Penelope nicht mit Sarkasmus zurück, und zweifelt auch so manche Legende an. Denn der einäugige Zyklop, gegen den Odysseus angeblich gekämpft haben soll, ist sehr viel wahrscheinlicher der einäugige Inhaber einer Hafenkaschemme gewesen, in der ihr Gatte sich nicht zu benehmen wusste. Und überhaupt ist die ganze Bredouille nur Odysseus Schuld, denn während er aller möglicher Abenteuer auf den Meeren und dazwischen fröhnt, muss sie sich auf Ithaka der Freier erwehren, die sie durch sein Fernbleiben zu einer neuen Ehelichung nötigen und dabei die Vorratskammern leerfressen. Penelope, die selbst auch nicht auf den Kopf gefallen ist, hält die Buhler mit unlösbaren Aufgaben in Schach und gibt dabei das Bild der treuen Ehefrau.
Penelope muss in einer männerdominierten Welt ihren eigenen Weg finden zu bestehen oder sich den patriarchalen Strukturen ergeben, die an ihr zerren. Die Intrigen des Hofes von Ithaka kosten Penelopes zwölf treuen Mägde das Leben.

Und da sitzt sie nun im Totenreich und erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht mit einer betonten Coolness. Aber auch Penelope scheint keine objektive Erzählerin. Sie beobachtet durch die Jahrhunderte, wie Odysseus sich für Wiedergeburten entscheidet, einzig um den Mägden im Hades für eine weitere Lebenszeit zu entkommen, die ihn mit ihrer Anklage verfolgen. Aber wie sehr kann eine Frau, auch eine hochrangige wie Penelope, dem Patriarchat entkommen, ohne irgendwann vor der Entscheidung zu stehen andere Frauen dem eigenen Wohl zu opfern?

Kommentare

Emswashed kommentierte am 01. November 2023 um 18:10

Nun stehts auf meiner Wunschliste!

wandagreen kommentierte am 02. November 2023 um 11:47

Lesen ist nicht die schönste Art zu reisen, aber die bequemste. Und Lesen ermöglicht den alten Menschheitstraum - mehere Leben zu leben.

Ich lese es trotzdem nicht. Schade. deine Rezension macht so Appetit darauf - aber Lebens- und Lesezeit sind beschränkt - man mag es oft nicht wahrhaben  aber is so.

Emswashed kommentierte am 02. November 2023 um 14:15

Grande Dame Atwood und dann nicht lesen wollen... na, na!

wandagreen kommentierte am 03. November 2023 um 11:24

Ich habe die MaddAddamTrilogie gelesen - und noch ein anderes berühmtes. Das muss reichen, es gibt noch so viele andere Autoren.