Rezension

eine positive Überraschung: dicht, spannend, zum Teil sogar gruselig

Lost on Nairne Island - Eileen Cook

Lost on Nairne Island
von Eileen Cook

Bewertet mit 4 Sternen

Nach nur drei Monaten Kennenlernzeit, heiratet Isobels Mutter Richard Wickham, den sie nur Dick nennt. Der neue Mann im Leben ihrer Mutter ist ihr gar nicht sympathisch und sie kann ihre Mutter nicht verstehen. Das Schlimmste ist, dass sie nun für ihr letztes Highschool-Jahr noch die Schule wechseln und in das riesige Anwesen von Dick auf einer kleinen Insel vor der Küste Kanadas ziehen muss. Ihre Mutter hingegen scheint am Ziel ihrer Träume - frisch verliebt und verheiratet - und zwar mit einem reichen Mann. Da stört es sie überhaupt nicht, dass es erst ein paar Monate her ist, dass Richards Frau und Tochter tödlich verunglückt sind.

Isobels Laune wird immer düsterer, denn ihr Stiefbruder Nathaniel scheint sie total abzulehnen und zu hassen. Und dabei sieht er wirklich ausserordentlich gut aus ... doch es ist ja ihr Stiefbruder ....
Dazu kommt, dass an der Schule nur die Urgesteine der Insel angesagt und beliebt sind und so schenkt ihr niemand Aufmerksamkeit. Sie vermisst ihre beste Freund Kim immer mehr, doch als dann Nicole, das beliebteste Mädchen an der Schule, sie anspricht, freut sie sich, endlich Anschluss gefunden zu haben ... doch diese scheint nur Gerüchte verbreiten, sich ein Bild vom mysteriösen Anwesen und sich vor allem Nathaniel an den Hals werfen zu wollen. Angeblich soll Richard oder Nathaniel etwas mit dem tödlichen Unglück in der Familie zu tun haben. Und dann gab es da in der Vergangenheit noch andere mysteriöse Zwischenfälle auf dem Anwesen ...

Die Geschichte ist aus der ich-Perspektive von Isobel geschrieben. So erfahren wir sehr viel über ihre Gedankengänge, die sehr oft vor Zynismus triefen. Als Leser kann man sie aber sehr gut verstehen. Zudem gibt es in ihrem Leben einen "Schandfleck" und zwar ihren Vater. Der ist Künstler und leidet an Schizophrenie. Da es möglich ist, dass diese Krankheit vererbt wird, macht sich Isobel grosse Sorgen darüber, selber verrückt zu werden. Als sie dann in Richards Haus plötzlich komische Albträume hat, Nathaniels verstorbene Schwester Evelyn sieht und in ihrem Zimmer immer wieder auf unerklärliche Weise Muscheln auftauchen, werden ihre Ängste diesbezüglich immer grösser. Bildet sie sich das alles nur ein? Oder gibt es wirklich Geister und Evelyn möchte ihr etwas mitteilen?

"Lost on Nairne Island" hat mich wirklich positiv überrascht. Zuerst beginnt alles ganz harmlos, doch dann wird es zum Teil richtig gruselig und vor allem sehr spannend. Eileen Cook hat das Tempo und die Dichte geschickt stetig gesteigert, so dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Ich musste einfach wissen, wie es ausgeht. Fast bis zum Ende wusste ich nicht genau, wem Isobel wirklich trauen konnte. Eine Person hat man schnell als "böse" eingestuft, aber die Autorin hat meisterlich Zweifel gesät und so wusste ich sehr lange nicht, ob noch mehr Personen ihre Finger im Spiel haben.
Und mindestens einmal gab es einen ganz gewaltigen Aha-Moment. Richtig toll!

Die Charaktere waren facettenreich gezeichnet und ich habe die Entwicklung von Isobel sehr gerne mitverfolgt. Sie lernt, ihr Leben selber in die Hand zu nehmen und ihr wichtige Dinge auf den Grund zu gehen. Vor allem gewinnt sie im Laufe der Geschichte erheblich an Selbstbewusstsein, was nicht allen Personen auf Nairne gefällt.

Mir hat vor allem auch das eingewobene Thema der Schizophrenie sehr gut gefallen. Isobel hat keinen Kontakt mehr mit ihrem Vater, denn ihrer Mutter war er nur noch ein Dorn im Auge. Nun auf der Insel mit ihren Ängsten konfrontiert frägt sie sich, ob sie vielleicht doch ihre Wurzeln kennen muss, um mit der aktuellen Situation klar zu kommen. Sollte sie Kontakt mit ihrem Vater aufnehmen?

Meine Mühe hatte ich jedoch mit Isobels bester Freundin Kim. Da gab es doch einige Situationen, in denen ich mir gedacht habe, dass das aber keine beste Freundin macht - auch nicht wenn die Freundin weit weg gezogen ist. Da ist es nicht erstaunlich, dass sich Isobel noch mehr im Stich gelassen fühlt.

Der Schreibstil von Eileen Cook ist sehr flüssig zu lesen und ausgesprochen jugendlich. Der Grund dafür ist selbstverständlich der, dass sie die Geschichte aus der Sicht der 17-jährigen Isobel schildert. Doch Ausdrücke wie "in die Fresse" oder "die Glotze" fand ich doch etwas unschön.
Ansonsten baut die Autorin eine enorm dichte, zum Teil sogar gruselige Atmosphäre auf steigert die Spannung ununterbrochen.

Fazit:
"Lost on Nairne Island" hat mich positiv überrascht. In einer dichten, ja zum Teil sogar gruseligen Atmosphäre, macht sich Isobel daran, ihrem Leben und vor allem den Gerüchten über ihr neues Zuhause und ihren Bewohner auf den Grund zu gehen. Dabei wird es für sie richtig gefährlich, aber auch unvergesslich schön.