Rezension

Eine Grenzerfahrung

Nightbitch -

Nightbitch
von Rachel Yoder

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch ist eine Grenzerfahrung. Und die Tatsache, dass es als lustiges Buch angekündigt wird, ist wirklich irreführend. Es ist ironisch bis sarkastisch und räumt bitterböse mit allen Klischees auf, mit denen man die Mutterschaft in der Regel belegt.

Da ist eine junge Mutter am Limit. Sie hat ihren Job aufgegeben, um sich um ihren kleinen Sohn zu kümmern und stellt dabei fest, auch das ist ein Fulltimejob, sogar mit maximalen Überstunden, Schlafentzug und dem Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse bis zur Selbstaufgabe.

Ihre Situation wird höchst mitreißend geschildert. Man spürt all ihre Zweifel und Verzweiflung und jede Mutter weiß genau, was sie durchmacht. Was heißt Mutterschaft eigentlich? Ist es Selbstverwirklichung, Dienst an der Menschheit oder ist man als Mutter nicht eigentlich die Milchmaschine. Hat so ein Mutterdasein nicht etwas Animalisches? Allein schon der Vorgang der Geburt ist so absurd, dass man sich fragen kann, warum zivilisierte Menschen nicht schon längst etwas Menschenwürdigeres erfunden haben, statt diesen Vorgang zur erfüllenden Erfahrung zu verklären.

Die zutiefst verzweifelte Frau findet einen Ausweg: Sie akzeptiert den animalischen Aspekt ihrer Situation und wird zu Nightbitch, einer Hundefrau mit einem Hundesohn, die beide plötzlich entspannt herumtollen oder auch Kaninchen jagen können, ohne darüber nachzudenken, was man von ihnen erwartet.

Natürlich ist das spooky und auch zynisch. Sie kommt in absurde Situationen, weil sie doch innerhalb ihres Umfelds den Schein wahren muss. Komisch fand ich allerdings erst das Ende. Die Autorin findet eine unglaublich originelle Art, dem Ganzen einen gespenstischen Showdown zu verschaffen.

Dieses Buch ist eine gnadenlose Abrechnung mit dem verklärten Bild der Supermutter, sprengt alle Normen und schmeißt sie uns vor die Füße. Es ist ein aufwühlendes Erlebnis und bringt auch den Leser an seine Grenzen. Chapeau.

Das Hörbuch liest Jana Kozewa in genau dem richtigen Tonfall, fast abgebrüht serviert sie uns die absurdesten Dinge. Es dauert 8 Stunden und 47 Minuten, ist ganz und gar kein Spaß, aber eine eindrückliche Erfahrung.

Kommentare

Emswashed kommentierte am 16. September 2023 um 08:44

Wow, Herbstrose hat nur einen begründetetn Stern vergeben... ein polarisierendes Buch, oder?!

Sursulapitschi kommentierte am 16. September 2023 um 09:14

Absolut! Man kann es auch mit einiger Berechtigung geschmacklos finden. :-D