Rezension

Eine Geschichte vom Leben

Wenn du nur willst - Ronald Anthony

Wenn du nur willst
von Ronald Anthony

Bewertet mit 3.5 Sternen

Mickey, Vater vierer Kinder, sträubt sich gegen das Altwerden. Nach dem Tod seiner Frau ist zwar alles schwieriger geworden, aber er glaubt, alleine damit fertig zu werden. Bis er seine Küche versehentlich in Brand setzt. Um ihn nicht in betreutes Wohnen zu übergeben, entschließt sich der jüngste Sohn Jesse dazu, Mickey bei sich aufzunehmen, auch wenn die beiden bisher keinen Draht zueinander gefunden haben.
Jesse ist glücklich mit Marina zusammen, sich aber gleichzeitig sicher, dass ihre Beziehung nicht von Dauer sein wird. Er ist überzeugt davon, dass jede Liebe unglücklich endet, weswegen er sich gegen feste Bindungen und Gefülhsbekundungen wehrt. Wird Marina das auf die Dauer mitmachen? Als Mickey seinem Sohn von Gina, der Frau vor seiner Mutter, erzählt, beginnt Jesse, an die Beständigkeit der Liebe zu glauben. Zu spät?

An das Buch bin ich mit absolut keinen Erwartungen herangehen. Ich habe höchstens geglaubt, es nach ein paar Seiten wieder abzubrechen, weil mich weder Cover noch Titel sonderlich gereizt haben. Vor ein paar Jahren habe ich das Buch geschenkt bekommen von einer Person, die einfach alle Bücher loswerden wollte. Deswegen war die Wahrscheinlichkeit eher gering, bei mir einen Treffer zu landen.
Zum Glück bin ich eines besseren belehrt worden!

Im Zentrum der Handlung stehen Jesse und Mickey. Man bemerkt direkt zu Anfang, dass Jesse durch sein junges Alter nicht so ganz in die Familie hineinpasst. Seine Geschwister sind alle Karriereleute, Jesse geht es mehr darum, sich selber zu verwirklichen. Er und seine Mutter standen sich immer nah. Mit seinem Vater dagegen hat Jesse nie viele Worte gewechselt. Deshalb erhofft er sich mit dem Zusammenleben eine Änderung, welche auf schleichendem Wege eintritt.
Die sich langsam steigernde Vertrautheit zwischen den beiden machen sie zu einem süßen Vater-und-Sohn-Pärchen, das sich zunächst mit Samthandschuhen anfassen muss. Jesse beginnt erst, das Wesen Mickeys zu verstehen, als dieser anfängt, von seiner vergangenen Liebe zu Gina zu erzählen. Darin scheint er richtig aufzugehen, denn vorher erscheint er auch den Lesern eher griesgrämig und distanziert.

Gekonnt werden Vergangenheit und Gegenwart miteinander vermischt. Mickey erzählt Jesse in kleinen Häppchen von den Begegnungen mit Gina, sodass der Leser ebenso wie Jesse und Marina hungrig nach mehr ist. Das Ende war natürlich etwas vorhersehbar, hat dem Lesevergnügen aber kaum Abbruch getan. Im Gegenteil - der Weg dorthin war genauso spannend, als wenn ich das Ende noch nicht gekannt hätte.

Besonders erfrischend finde ich, dass weder die Liebesbeziehung zwischen Jesse und Marina noch die zwischen Mickey und Gina zu viel Platz einnimmt. Es geht um viel mehr: Um (andere) zwischenmenschliche Beziehungen und um das Leben. Jesses Arbeitsleben als freiberuflicher Journalist nimmt viel Platz ein, passt aber super in das Gesamtkonzept des Buches.

Was bleibt mir zu sagen? Wer Lust auf eine Geschichte vom Leben und von der Liebe hat, dem sei dieser Roman wärmstens empfohlen. Er ist nicht kitschig, vermittelt aber genug Gefühl, anrührend zu sein und seine Leser mitzunehmen.