Rezension

Ein überraschend einfühlsames und intelligent Buch.

Tony Soprano stirbt nicht - Antonia Baum

Tony Soprano stirbt nicht
von Antonia Baum

Bewertet mit 5 Sternen

Ein überraschend einfühlsames und intelligent Buch.

Dies Buch basiert auf den, zumindest teilweisen, wahren Erlebnissen der Autorin Antonia Baum. Muss man nicht wissen, wurde aber seitens des Verlages ziemlich in die Öffentlichkeit getragen, wodurch dieses Buch dem Leser noch einmal, zumindest emotional, näher rückt.

Die Ich-Erzählerin ist somit auch die Schriftstellerin und einer schwerer Motorradunfall ihres Vaters, wirft sie, verständlicherweise, aus der Bahn. Dieser liegt nun im Koma und wie so häufig im Leben erkennt sie erst jetzt, was sie an diesem Vater, der alles anderes als perfekt ist, hat oder vielleicht auch vermisst. Die inneren Monologe der Autorin, ihre scharfe Beobachtungsgabe, macht dieses kleine Büchlein so besonders. Es geht um Angst, Hoffnung und wie einsam man in bestimmten Lebenslagen mit seinem eignen Schicksal hadert oder gar bewältigt.

Und weil im Leben nicht alles determiniert, vorherbestimmt und planbar ist und weil diese Schicksalsschläge einen eben aus der Bahn werfen, versucht die Autorin sich durch dieses Buch selbst zu therapieren, zu besänftigen. Dabei schreibt sie im mittleren Teil, in bewegender kindlicher Faszination, drei kleine Geschichten, die ihr Gefühlsleben ordnet, sie beruhigt und, zumindest zum Teil, sich dadurch eine kindliche heile Welt erschafft. Aber entgegen der kindlichen Phantasien, sind diese drei Blasen nicht rosa gefärbt, sondern der Schatten der verloren kindlichen Unschuld, schwebt drohend über ihnen.

Während große Teile des Buch klar autobiographische Züge aufweisen, sind die kleineren literarischen Abstecher zwar rein fiktional, aber man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie dennoch vielleicht eine  Allegorien für den nicht ganz perfekten Vater oder das nicht immer sonnige Leben der Autorin darstellen. Doch durch diese Unschärfe zwischen Realität und Fiktion, gewinnt dieses Buch ungemein an Substanz.

Dabei hilft auch das Bild des Tony Soprano, aus der HBO TV-Serie "The Sopranos", das  immer wieder beschworen wird. Dieses Bild des Mafiabosses hilft der  Autorin die surreale Situation zu erfassen und zu begreifen. Denn während der Vater der Autorin im Krankenhaus liegt, erscheint ein weiteres Buch  von ihr "Ich wuchs auf einem Schrottplatz auf, wo ich lernte, mich von Radkappen und Stoßstangen zu ernähren", dass in diesem Fall das Leben die Kunst imitiert. Nur am Rande sollte man sich diese Serie anschauen und auch die angesprochene Autorin Joan Didion, beides lohnt sich.

Es ist ein kleiner Roman, der aber gerade in seiner  Prägnanz und dem Stil in dem er geschrieben ist, den  Leser oft innehalten lässt, um über das eigene Leben nachzudenken. Die  Materie ist alles andere als leicht und luftig, dennoch  ist diese Buch nicht schwer und trübselig. Es beschreibt das Leben und zeigt, das in jedem Ende auch einer Anfang liegt.