Rezension

Ein toller Roman zur Apokalypse der Gegenwart.

Herr Müller, die verrückte Katze und Gott - Ewald Arenz

Herr Müller, die verrückte Katze und Gott
von Ewald Arenz

Bewertet mit 5 Sternen

Prima Idee, skurrile Figuren, großartige Umsetzung. Absolut lesenswert.

Klappentext: „Eine göttliche Komödie
Die schillernd-bunte Einladung von Erfolgsautor Ewald Arenz zum literarischen Himmel-und-Hölle-Spiel voller Irrwitz: Jehudi, Erzengel mit einer Vorliebe für Gin Tonic und verantwortlich für die Verwaltung der Seelen im Vorhimmel, stellt bei seinem Kontrollgang im unsichtbaren vierzehnten Stockwerk des Spiegel-Hochhauses bestürzt fest, dass eine fehlt. Kurt Müllers Seele ist bei seinem ebenso plötzlichen wie tödlichen Fenstersturz in Nürnberg verloren gegangen, und ihr spurloses Verschwinden droht vor der Zeit den Beginn der Apokalypse auszulösen. In der Not bittet Jehudi seinen Bruder Abaddon um Hilfe - einen gefallenen Engel und Dämonenfürsten, der gerade sein Katapult für flugwillige Pinguine testet. Kurt Müller aber hat sich derweil in Frankreich als Katze reinkarniert und keine Ahnung davon, dass nicht nur die Himmelsmächte nach ihm suchen, sondern zudem die Unterwelt den Höllenhund auf ihn angesetzt hat, um seine Seele und damit die Schöpfung für immer zu zerstören. Wird es Kurts Tochter Helena gelingen, zusammen mit Jehudi und Abaddon die Seele ihres Vaters zu finden und den Jüngsten Tag abzuwenden? Doch da ist auch noch Erzengel Uriel mit ganz anderen Rettungsplänen für das Universum. Und wo ist überhaupt Gott?
Eine erfrischend humorvolle, bisweilen heiter-sarkastische
Auseinandersetzung mit Sinn und Unsinn des Lebens, Religion, Glauben und Fanatismus, mit der Idee von Reinkarnation, Engeln und Gottesbildern.“

Meine Meinung:

Der Klappentext spiegelt die Ausganssituation sehr treffend. Besonders den letzten Satz kann ich ohne wenn und aber unterschreiben.

Wenn Erzengel als ein cooler Typ mit Gin Tonic in der Hand dasteht und über die Lösung der Situation mit der verlorenen Seele philosophiert, sein Bruder, der dunkle Dämonenfürst, nicht weniger cool seinen Espresso in einer Bar sich schmecken lässt, nachdem er mit dem Katapult für Pinguine fertig ist, und schaut, wie er sonst an die arme Seele rankommen kann, leuchtet es ein, dass es keine gewöhnliche Geschichte ist. Spätestens als die Anzeichen des Weltuntergans geschildert werden, ist klar: Hier wird die Apokalypse neu erzählt, an die heutige Welt mit ihren Realien angepasst. Besonders interessant sind dabei die Besetzung und die Einflusszone der apokalyptischen Reiter im letzten Drittel des Romans.

Skurrile Figuren tun zuweilen auch skurrile Dinge, was nicht nur streckenweise für Erheiterung beim Lesen sorgt und immer weiter lesen lässt, sondern auch der modernen Gesellschaft mit ihren akuten Problemen ein Spiegel vors Gesicht hält. Das Ganze humorvoll bis sarkastisch dargeboten, so leichtfüßig und locker, dass es keine Zweifel gibt: Wir haben mit einem Werk der Meisterklasse zu tun.

Das Spannende ist, man kann gar nicht erraten, was als nächstes kommt, da man sich in einer phantastischen Realität befindet, das Verhalten vieler Akteure ein völliger Rätsel ist und ob das mir der Seele noch klappt und der Weltuntergang doch noch ausbleibt, ist bis zum Schluss ungewiss. Man hat keine andere Wahl, man muss einfach weiterlesen.

Ich muss auch anmerken, dass es mir irgendwo im letzen Viertel schlicht zu viel an Klamauk, sakrastischer Gesellschaftskritik, etc. wurde. Aber bis dahin las es sich wunderbar, das Buch wollte einfach nicht aus der Hand gelegt werden.

Mag sein, dass man, um in den vollen Genuss der Geschichte zu kommen, ein Quäntchen an Offenheit und Aufgeschlossenheit, z.B. gegenüber den mutigen Interpretationen der Bibel und Glaubensfragen, mitbringen sollte. Mag sein, dass der Roman für jemanden mit einem festen, naturwissenschaftlich geprägten Weltbild, das strickt auf Ursache-Wirkung basiert, einfach zu viel an Einfallsreichtum und Gedanken-/Interpretationsfreiheit ist.

Ich fand es aber herrlich, (endlich) eine Geschichte zu lesen, die durch ihre humorvolle, eigenartige Interpretation und leichtfüßig meisterhafte Präsentation deutlich aus der Reihe tanzt. Sie unterhält nicht nur, sie zeigt auf eine zugängliche Art, wohin man schauen und worüber man nachdenken sollte.

Fazit: Ein toller Roman zur Apokalypse der Gegenwart. Prima Idee, großartige Umsetzung. Absolut lesenswert. Fünf von fünf möglichen Sternen.