Rezension

Ein „Nachrichtenfasten“ wäre vielleicht auch eine Idee für die nächste Aktion „40 Tage ohne“ der Kirchen

Wenn man weiß, wo der Verstand ist, hat der Tag Struktur - Alexander Unzicker

Wenn man weiß, wo der Verstand ist, hat der Tag Struktur
von Alexander Unzicker

Bewertet mit 5 Sternen

Alexander Unzicker, Wenn  man weiß, wo der Verstand ist, hat der Tag Struktur, Westend Verlag 2019, ISBN 978-3-86489-244-8

 

Eine dringend nötige „Anleitung zum Selberdenken in verrückten Zeiten“ hat der Physiker, Jurist und Kognitionspsychologe Alexander Unzicker in diesem Buch vorgelegt. Sehr überzeugend beschreibt er ein Phänomen, das mich persönlich als ein politisch seit meiner frühen Jugend interessierter Mensch schon lange umtreibt. Obwohl ich wie ehedem die Nachrichten verfolge, ausführlich jeden Donnerstag die „ZEIT“ lese und mich täglich über die Onlineversionen der klassischen Tageszeitungen wie FAZ, SZ, sowie dem Onlineportalen von NTV und HR über das Tages- und Weltgeschehen informiere, habe ich seit langem den Eindruck, im Gegensatz zu früheren Zeiten mit kein objektives Bild mehr vom Geschehen in der Welt machen zu können, nicht mehr die verwickelten Zusammenhänge zu erkennen und mir zunehmend schwerer eine eigene Meinung und Haltung bilden zu können. Immer schnellere und häufiger „Breaking News“ auf dem Smartphone lenken ab von den Entwicklungen, die im Hintergrund laufen und die nur selten mit Hintergrundinformationen kritisch beleuchtet werden.

 

Alexander Unzicker analysiert all diese Herausforderungen für unser Denken im postfaktischen Zeitalter und schafft mit seinem Buch Orientierung im großen Durcheinander. Vor allem aber fordert er von uns allen mehr Mut, den eigenen Verstand zu gebrauchen - auch ohne fremde Anleitung.

 

Immer wieder plädiert er mit vielen anschaulichen Beispielen dafür, sich von der Flut der News nicht verrückt machen zu lassen, sondern in Ruhe selbständig über das Wesentliche in der Welt und in meinem eigenen Leben nachzudenken.

 

Ohne fremde Anleitung den eigenen  Verstand gebrauchen, das wäre mal eine Alternative zu dem unendlichen Nachrichtenkonsum und der Lektüre des x-ten Kommentars.

 

Seine Idee, wenigstens zeitweise mal auf Medienkonsum zu verzichten und sich den permanenten Breaking News für eine gewisse Zeit zu verweigern, hat mir gefallen und ich werde es vielleicht einmal probieren.

 

Ein „Nachrichtenfasten“ wäre vielleicht auch eine Idee für die nächste Aktion „40 Tage ohne“ der Kirchen.

 

Kommentare

Erica kommentierte am 10. April 2019 um 17:01

Hallo Winfried

 

Ohne das Buch gelesen zu haben, bin ich vollkommen Deiner Meinung.Ich denke,dass das aber auch eine Frage des Alters und der Bildung ist. Das Prinzip, "Wo lassen Sie denken" fängt beim Privatfernsehen an, und hört .....wo auf? Das Buch klingt spannend, und Manfred Spitzer hätte seine Freude daran.

Auch Jaron Lanier  "Zehn Gründe , warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst" hat diese Entwicklung zum Thema gemacht, plus Totalüberwachung als Bonus für`s fleißige twittern,posten , liken....etc.

Schöne Grüße aus der Zukunft , kann man da nur sagen.