Rezension

Ein Leipziger Junge und sein Weg in die Welt

Griewatsch! - Uwe Siemon-Netto

Griewatsch!
von Uwe Siemon-Netto

Bewertet mit 4 Sternen

„...Das war nicht mein Krieg. Also muss ich mich auch nicht ergeben!...“

 

Ein Griewatsch ist ein Leipziger Lausejunge. So sieht sich der Autor, der in dem Buch Szenen seines Lebens beschreibt. Er hat seine Kindheit in Leipzig verbracht, musste diese Stadt aber mit 10 Jahren verlassen.

Aufgewachsen in einer großbürgerlichen Familie hätte der Junge ein behütetes Leben führen können. Der Vater war Staatsanwalt, die Mutter Sängerin. Doch es kamen die Jahre des Krieges. Kindheit fand im Luftschutzkeller statt. Die alltägliche Angst ließ sich bei den Streichen mit Freunden vergessen.

Halt und Hilfe gab die Großmutter. Ihren tiefen Glauben konnte sie auf ihre eigenwillige Art dem Enkel vermitteln. Ein Leipziger Junge durfte aus der reihe tanzen. Ging es zu weit, kam „ ...Omis flinke Rechte...“ zum Einsatz. Oma Netto war für mich die beeindruckendste Person des Buches. Ihre königstreue Einstellung sorgte dafür, dass sie das nationalsozialistische System ablehnte – und daraus auch keinen Hehl machte. Obiges Zitat stammt aus ihrem Mund und wurde nach der Ankunft der Amerikaner gesagt. Sie legte Wert darauf, dass dem Jungen bürgerliche Werte vermittelt wurden.

Mit zehn Jahren musste der Autor nicht nur Leipzig, sondern auch seine Oma verlassen. Dieser gravierende Einschnitt im Leben sollte für die nächsten Jahre nicht ohne Folgen bleiben.

Das Buch lässt sich gut lesen. Der Autor verfügt über einen feinen Humor und einen sehr lebendigen Schriftstil. Gut gefallen haben mir die in Sächsisch wiedergegebenen Abschnitte. Die darauf folgende Übersetzung war allerdings für den Lesefluss weniger hilfreich. Immer wieder finden sich Vergleiche zwischen dem alten Leipzig und den Veränderungen, die der Autor bei seinen gelegentlichen Besuchen feststellte. Man sollte allerdings nicht vergessen, dass dies seine ganz persönlichen Eindrücke sind. Sehr gut gibt der Autor die Emotionen wieder, die in verschiedenen Lebenssituationen eine Rolle spielten. Die fast noch unbeschwerte Kindheit bekam ihren ersten heftigen Kratzer in der Bombennacht vom 20.4.44. Jetzt wird der Schriftstil ernster. Die Angst bekam ein Gesicht.

Viele Fotos veranschaulichen die unterschiedlichen Lebensstationen.

Das Cover mit dem Autor vor dem Leipziger Rathaus und dem Kinderfoto an der Seite passt zur Biografie.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Auf sehr persönliche Weise hat mich der Autor mit Krieg und Nachkriegszeit und deren Folgen konfrontiert.