Rezension

Ein Buch voller Vorurteile gegenüber kanadischen Eingeborenen

Canadian Crusoes - Catharine Parr Strickland Traill

Canadian Crusoes
von Catharine Parr Strickland Traill

Darum gehts:

Mitte des 19. Jahrhunderts verlaufen sich drei Kinder beim Spielen im Wald der kanadischen Outbacks. Nach mehreren Tagen ergebnisloser Suche nach dem Heimweg versuchen sie, sich allein durch die Wildnis zu schlagen und dort zu überleben. Während ihrer mehrere Monate andauernden Abenteuer treffen sie mehrfach auf kanadische Eingeborene, die im Wald ihre Lager haben. Eines Tages müssen sie eines der Indianermädchen vor dem Tod retten, obwohl die Wildnis für sie selbst nicht weniger Gefahren birgt. Alle vier müssen lernen Verantwortung zu übernehmen und erfahren, wie hart das Leben für Erwachsene sein kann. Und dann sind da noch die Indianer, die bemerkt haben, dass die Kinder im Wald versteckt leben und das Indianermädchen gerettet haben...und die Hoffnung, das die Eltern sie vielleicht doch noch finden könnten, bevor der Winter über Kanada hereinbricht...

Mein Eindruck:

Canadian Crusoes von Catherine Parr Traill is ein Buch, dass ich für die Uni lesen musste und bei dem ich arge Probleme hatte, einen Einstig in die Geschichte zu finden. Als Europäer ist es allerdings auch nicht immer leicht, sich die schier endlosen Wälder der kanadischen Wildnis vorzustellen, wie die ersten Siedler sie damals gesehen haben mögen. Erst nach über der Hälfte des Buches wurde es halbwegs spannend, aber der Schreibstil machte es mir, insbesondere dank der langatmigen Naturbeschreibungen inkl. lateinischer Pflanzennamen aller Art nicht einfach. Es war kein besonderes Lesevergnügen - auch wegen der ganzen Vorurteile gegenüber den "wilden" kanadischen Ureinwohnern, die nicht zu knapp in den Text eingeflochten wurden. Babysprache, "böse" Götteranbetung, Blutdurst, Gewalt, heidnische Opfergaben usw. Aber gut, das Buch wurde 1850 geschrieben, da drehte sich die Welt noch anders.

Auch die Gesamtsituation erschien mir nicht ganz realistisch. Die Kinder haben ihr ganzes Leben am Waldrand gewohnt und müssten ihn daher kennen wir ihre Westentasche, doch seltsamerweise verlaufen sie sich trotzdem. Immer in Kreisen nahe der Lichtung ihres Elternhauses entlang. Und weder hören die Kinder die Eltern rufen noch umgekehrt. Auch sämtliche Suchtrupps werden nicht fündig.

Die vier Kinder hatten jeder eine eigenständige Persönlichkeit, aber leider wirkten sie trotzdem recht hölzern. Nie konnte man sich einen konkreten Eindruck machen, da sie in der einen Situation viel zu kindisch für ihr Alter waren, aber in der nächsten Szene eine Reife und Weisheit an den Tag legten, die niemand unter 60 besitzen kann. Einerseits sind sie voller Vorurteile, andererseits betrachten sie es als Christenpflicht, das Indianermädchen zu befreien, in ihre Mitte aufzunehmen und ihm christliche Werte und die englische Sprache beizubringen. Einzig Cathy erlaubt sich, auch die Kultur der Indianer ein wenig zu erfoschen und ihre Vorurteile zu prüfen. So wusste man nie genau, was man von den Kindern halten soll. Allerdings sind auch sie voller Vorurteile geschildert worden: Cathy ist ein typisches Mädchen mit Kleid und Schürzchen, das auch im Wald für das Essen zuständig ist, während die beiden Jungs Holz hacken gehen und mit Indianern kämpfen.

Alles in allem ist Catherine Parr Traills Geschichte über drei Kinder, die sich im Outback verlaufen und um ihr Leben fürchten müssen unrealistisch, wegen der vielen Fachsprache schwer verständlich (eigentlich soll es ein Kinderbuch sein!) und bietet leider nicht viel mehr als ein Abspulen sämtlicher Klischees und Vorurteile, die Mitte des 19. Jahrhunderts die englischen Siedler mit in die kanadische Wildnis brachten, um diese zu kolonialisieren.