Rezension

ein Ausflug in bekannte Werke und doch eine ganz eigene frische Idee

Die Buchspringer - Mechthild Gläser

Die Buchspringer
von Mechthild Gläser

Inhalt:
Hals über Kopf flüchten Amy und ihre Mutter Alexis aus Bochum auf die kleine Insel Stormsay, wo die Familie der beiden wohnt, die Amy noch nie kennengelernt hat. Und das hat auch einen Grund: In ihrer Familie wird ein besonderes Talent weitervererbt, das die Familie Lennox und die Familie Macalister verbindet und das die beiden verfeindeten Clans zusammenschweißt: Sie sind dafür zuständig, die Literatur zu beschützen, indem sie in die Bücher springen und dort nach dem Rechten sehen.
Doch schon bei ihrem ersten Sprung hält sich Amy nicht an die Regeln und verlässt ihre Geschichte - das Dschungelbuch - und trifft außerhalb auf andere Gestalten der Weltliteratur, die sich allesamt sicher sind, dass in letzter Zeit etwas vor sich geht …

Als dann auch noch Sherlock Holmes spurlos aus einem Roman verschwindet, sind sich Amy und Will sicher, dass sie etwas unternehmen müssen.

Meinung:
Bücher über Bücher sind immer ganz besondere Schätze. Wenn sie dann noch so hinreißend aussehen wie „Die Buchspringer“ muss man einfach zu ihnen greifen. Das Cover verrät schon viel über die Charaktere der Geschichte, wenn man weiß, worauf man achten muss: So haben beispielsweise Sherlock Holmes, Schir Khan, das weiße Kaninchen und die Hexen von MacBeth ihren Auftritt – doch man könnte getrost noch viele weitere bekannte Gestalten dazu malen.

Mechthild Gläser warf mich nach einem kurzen Prolog über den verschwundenen Sherlock Holmes direkt in Amys Leben – bzw. ihre abrupte Abreise aus ihrer Heimatstadt Bochum. Natürlich lechzte ich danach, zu erfahren, was geschehen ist – aber mit der Aufklärung ließ sich die Autorin Zeit. Zeit, in der sie mich auf eine kleine Insel führte und Amys Familie vorstellte – und das besondere Talent, das die Familie mit sich bringt: Alle Nachkommen zwischen 5 und 25 Jahren können über die Porta Literae in die Bücher springen.

Amy findet sehr schnell Gefallen daran und bricht schon bei ihrem ersten Aufenthalt im „Dschungelbuch“ die Regeln, findet zum Rand der Geschichte und verlässt sie. Doch damit nicht genug. Amy kann auch von ihrem Bett aus springen – was keiner der anderen beiden Jugendlichen – Will und Betsy – schafft. Auch hier wollte ich unbedingt herausfinden, warum.

Die Autorin hält neben den altbekannten Geschichten wie Dschungelbuch, Alice im Wunderland, Peter Pan oder Stolz und Vorurteil, durch die Amy und ihr neu gewonnener Freund Werther wandern (die aber ab und an von der Vorlage abweichen) auch jede Menge eigener Ideen und viele Wendungen bereit. Denn die Geschichten sind in Gefahr: Der verschwundene Sherlock Holmes war nur der Anfang. Jemand stielt die Grundideen der Geschichten und Amy möchte gemeinsam mit Will herausfinden, warum.

Die zarte Lovestory zwischen Amy und Will schmiegt sich unaufdringlich in die Story ein, wirkt weder kitschig noch gewollt, hier hatte selbst ich mir sogar ein wenig mehr gewünscht.
Der prägnante und doch bezaubernde Stil der Autorin ließ mich über die Seiten fliegen. Stets neue Geheimnisse, die es zu entschlüsseln gab und die ihr eine neue Richtung gaben, hielten mich immer im Lesefluss und halfen mir über ruhigere Phasen in bereits bekannten Geschichten und den zarten Spannungsbogen hinweg. 

Zu Kapitelbeginn gab es immer kurze Ausschnitte über eine Prinzessin und einen Ritter, deren Bedeutung erst im Laufe der Geschichte offenbart wurde und die meine Neugierde ebenfalls schürten. So konnte ich irgendwann nicht mehr von den Seiten lassen und wurde unaufhaltsam auf den Showdown zugetrieben, der durchaus märchenhafte Ausmaße annahm, ehe Mechthild Gläser ihre „Buchspringer“ zu einem unerwarteten Ende führte und etwas Raum für eigene Zukunftsinterpretationen (oder sogar eine Fortsetzung?) gibt.

Urteil:
„Die Buchspringer“ entführen den Leser in zahlreiche literarische Werke und dennoch bietet Mechthild Gläsers Geschichte selbst eine interessante Grundidee, gelungene Charaktere, überraschende Wendungen und eine zarte Lovestory. Trotz des eher ruhigeren Grundtonus und gefühlter Längen beim Lesen der bereits bekannten Geschichten ließ ich mich gern in die Seiten fallen und wäre sehr gerne auch selbst hineingesprungen. 4 Bücher für Amy, Will und „Die Buchspringer“. 

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