Rezension

Die wunderbare Welt der Supermodel-Gestaltwandler

Nachtjäger - J. T. Geissinger

Nachtjäger
von J. T. Geissinger

Kurzrezension:

Cover: Mal wieder das Gesicht einer jungen Frau, wie auf so vielen Covern dieses Genres. Gefallen haben mir die subtilen ägyptischen Schriftzeichen und das leuchtende Auge mit der tierischen Pupille, wodurch mich das Titelbild durchaus angesprochen hat.

Originalität: Die Grundidee einer auf ägyptischer Mythologie beruhenden Rasse von Gestaltwandlern ist originell. Aber die Umsetzung...? Eine junge Frau findet heraus, dass sie mehr als ein Mensch ist - und dann stellt sich heraus, dass sie sogar unter den Gestaltwandlern wahnsinnig außergewöhnlich und speziell und wichtig ist und dass es noch NIE Jemanden gegeben hat, der SO außergewöhnlich und speziell und wichtig war. Dazu gibt es eine Liebesgeschichte (mit eher zahmen Erotikszenen, bei denen auffallend oft Pobacken begrabscht werden) zwischen ihr und einem testosteron-strotzenden Alpha-Kerl, obwohl der eigentlich ihr Feind ist... Und echte Feinde gibt's dann auch noch, so dass unsere Heldin sich in eine Situation bringen kann, in der sie vom strahlenden Helden gerettet werden muss. Originell? Nein.

Spannung & Tempo: Die Geschichte hat durchaus Potential, aber was mich immer wieder aus der Bahn geworfen hat waren die ständigen Beschreibungen, wie toll und perfekt Protagonist und Protagonistin doch sind. Wenn man da ein Trinkspiel draus machen würde - trink jedesmal einen Schluck Rum, wenn erwähnt wird, wie toll und perfekt sie sind -, dann wäre das das kürzeste Trinkspiel der Welt, weil man nach dem ersten Kapitel mit Alkoholvergiftung im Krankenhaus landen würde. Dadurch ist für mich viel von der Spannung verpufft.

Charaktere: Jenna wird öfters als starke Frau beschrieben, uns aber nur selten als wirklich starke Frau gezeigt. Es gibt Szenen, in denen sie (zum Teil unnötig) aggressiv und geradezu unverschämt ist, aber wenn es um wirkliche Charakterstärke geht... Sie hat z.B. gute Gründe dafür, sich NICHT mit Leander einzulassen, aber die Hormone siegen ziemlich schnell über ihre Entschlossenheit. Leander war mir einfach viel zu sehr der patriarchalische Macho, der in der Vergangenheit wenig moralische Probleme damit hatte, die Frauen seiner Enklave zu unterdrücken und zu einem Leben zu verdammen, in dem sie wenig mehr als Brutmaschinen sind. Ja, das war vor Jenna und durch sie wird er ein ganz neuer Mensch etcetera etcetera, aber er war mir unsympathisch.

Auch ist mir unangenehm aufgefallen, dass die Guten alle topmodel-attraktiv sind, und die Bösen sind häßlich, haben schlechte Zähne und Ähnliches.

Schreibstil: In vielen Passagen gewinnt man den Eindruck, dass die Autorin wirklich schreiben kann, und zwar gut. In diesen Passagen wirkt der Schreibstil opulent und bildgewaltig und ansprechend. Aber allzuoft wirkt der Schreibstil auch einfach überfrachtet und übertrieben, wobei sich die Adjektive bedenklich stapeln...

Romantik: Die Liebesgeschichte ging mir zu schnell. Eben noch waren Leander und Jenna Fremde und jetzt können sie nicht mehr ohneeinander. Ja, das wird erklärt, und nein, es hat mich nicht überzeugt.

Erotik: Wie oben schon erwähnt sind die Erotikszenen eher zahm - aber sie waren doch nett geschrieben und ließen sich gut lesen.