Rezension

Die Kunst, in Würde zu altern

Mrs Palfrey At The Claremont -

Mrs Palfrey At The Claremont
von Elizabeth Taylor

Bewertet mit 5 Sternen

Während ich diesen Roman las, fragte ich mich, ob ich als Witwe lieber allein oder in einer illustren Hotelgesellschaft leben würde, die sich mit Klatsch und Tratsch die Zeit vertreibt. Im titelgebenden Hotel trifft Laura Palfrey unter anderem auf Mrs. Arbuthnot, die unter Arthritis leidet, Mr. Osmond, der ständig Briefe an die Daily Telegraph schreibt und Mrs. Burton, die Langeweile in Alkohol ertränkt.

Seit ihrem Einzug fühlt sich Mrs. Palfrey ständig beobachtet und zunehmenden Druck, als alternde Witwe ihren einstigen gesellschaftlichen Status zu wahren. Dies führt soweit, dass sie den jungen Schriftsteller Ludo, der ihr bei einem Sturz behilflich ist, als ihren Enkel ausgibt, weil sich ihr echter Enkel nicht blicken lässt – eigentlich eine Win-Win-Situation, denn für Ludo und seinen aktuellen Roman ist die Witwe das ideale Studienobjekt. 

Der Ton der Geschichte ist mal heiter – zum Beispiel wenn Mrs. Palfrey sich wie eine verliebte Teenagerin benimmt, was mich zum Schmunzeln brachte – mal traurig-melancholisch. Elizabeth Taylor spürt sehr präzise die Befindlichkeiten von Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt auf und zeigt durch einen Perspektivenwechsel, dass auch junge Menschen wie Ludo unter enttäuschenden Beziehungen, schwierigen familiären Verhältnissen und Einsamkeit leiden.