Rezension

Der vierte Band über Künstler Chuck Close

Chuck Close: Photographer - Colin Westerbeck

Chuck Close: Photographer
von Colin Westerbeck

Chuck Close gilt als einer der bedeutendsten Künstler der Gegenwart. Als Hobbyfotografin, die noch nie von ihm gehört hat, wollte ich mich etwas näher mit seiner Kunst befassen. Es handelt sich hierbei um den vierten Band rund um seine Werke. Bereits erschienen sind Works, Prints und Life. Da ich im Vorfeld keine Ahnung hatte, was mich erwartet, war ich etwas überrascht. Irgendwie habe ich mir etwas anderes vorgestellt.
Überraschung Nummer 1: Zwar ist es in einem deutschen Verlag erschienen, dennoch ist der Band in englischer Sprache verfasst. Zum Glück habe ich das gesehen, bevor ich es meinem Opa zu Weihnachten schenken konnte - der spricht nämlich kein Wort Englisch.
Überraschung Nummer 2 verbirgt sich in den Bildern selbst: hierbei handelt es sich nämlich hauptsächlich um Polaroids. Eine faszinierende Fotografie, die ich bisher noch nicht ausprobieren konnte. Ein Bekannter hat mir zwar seine alte Polaroid geschenkt, für die gibt es aber keinen "Film" mehr, sofern man das Papier denn so nennen kann.
Besonders faszinierend sind die Kompositionen aus mehreren Polaroids. Ein Selbstporträt aus insgesamt neun Polaroids zu gestalten, also sein Gesicht akkurat in neun Stücke einteilen, stelle ich mir kompliziert vor. Ob man seine Werke nun schön findet oder nicht, ist eine ganz andere Frage. Meinen Geschmack treffen sie beispielsweise überhaupt nicht. Weder die Selbstporträts noch die Akte, nicht einmal die Blumenfotos gefallen mir stilistisch.

Neben den Fotos hält Colin Westerbeck Chuck Close fotografische Karriere in Worten fest. Interessant sind beispielsweise Fakten wie die, dass Close schon als Kind unter Prosopagnie litt - also der Unfähigkeit, sich Gesichter einzuprägen. Man lernt nicht nur viel über seinen Schaffensweg, sondern auch viele Annekdoten über seine Kindheit und Jugend, seine Krankheiten, wie er zur Kunst und Fotografie gekommen ist. In großgedruckten Zitaten enthüllt Close Tatsachen wie "I like Polaroids and daguerreotypes because the sitter can instantly see the results and can offer feedback" (97). Gegenüber der analogen Fotografie stimmt das natürlich, gegenüber der digitalen, die die gleichen Vorteile bietet, nicht.

Neben den Texten von Colin Westerbeck und Zitaten von Chuck Close finden sich auch ausführliche Interviews zum Thema Fotografie. In diesem Interview äußert er sich auch dazu, was ihn an der "nude"-Fotografie fasziniert und was seine Meinung im Allgemeinen dazu ist: "Everyone who does a nude is thinking about sex" (127).

Wer sich für Polaroidfotografie und ihre Möglichkeiten im Allgemeinen und Chuck Close und seine Arbeit im Speziellen interessiert, für den ist dieser Band genau das richtige. Meinem Geschmack und meinen Interesse innerhalb der Fotografie entspricht er nicht, dennoch fand ich ihn ausgesprochen interessant zu lesen.

(c) Books and Biscuit