Rezension

Der satirische Krimi als eigenständige Kunstform

Der Tod greift nicht daneben, 6 Audio-CDs - Jörg Maurer

Der Tod greift nicht daneben, 6 Audio-CDs
von Jörg Maurer

Bewertet mit 5 Sternen

„Wollen Sie etwas über die Bräuche im Alpenland erfahren? Dann drücken Sie die Zwei …“ … oder greifen Sie einfach zu einem Buch von Jörg Maurer.

Die Story:

"Eine Hand liegt in einem dunklen, kühlen Raum. Es ist ein Tresor. Sie ruht vollkommen entspannt, mit dem Handrücken nach oben, auf weichem Samt. Ein leises Fiepen ertönt. Die Hand zuckt, sie beginnt sich zu wölben, ihre Fingerkuppen betasten den Boden. Was für ein Augenblick! Sie lebt!
Mit pumpenden Bewegungen schiebt sie sich Zentimeter für Zentimeter nach vorn. Der Zeigefinger hebt sich, er berührt die Innensperre des Schlosses an der Wand. Langsam dreht der Finger ein metallenes Rädchen, bis es mit einem hellen, schmatzenden Klickediklack einrastet. Die Tür springt auf. Vorsichtig tippt der Finger an die Innenseite der Tür, er stößt sie an, sie schwingt lautlos auf, Licht fällt von draußen in die kleine Kammer."

Personen und Schauplätze:

"Dass die Landschaft den innewohnenden Menschenschlag prägt, ist grundfalsch. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Jede Volksgruppe bildet und formt die Umgebung, in der sie sich niederlässt, in ihrem Sinn. Der offensichtliche Beweis dafür sind die Bewohner des Voralpenlandes. Verspielt, barock, leicht erhitzbar, deshalb dem Theater (und überhaupt allem Theatralen) zugeneigt, haben sie im Lauf der Jahrtausende ihr Innerstes nach außen gestülpt – und entstanden ist die Alpenkulisse, als unverrückbares Symbol ihrer zerklüfteten Gesinnung … so hat sich der Alpenländer seine wuchtigen Kulissen zusammengezimmert und übereinandergestapelt in der Mitte Europas. Überbordend, manieristisch, bunt verziert mit einem Fleckerlteppich aus dicht aneinandergefügten und sich überbietenden Sehenswürdigkeiten, für die er Eintritt verlangt. Und jeden Tag hebt sich der Vorhang aufs Neue, und das irrlichternde Freilufttheater beginnt."

Weitere Mitwirkende:

Mehrere Schweden, ein genialer aber leider irrer Rumäne und viele weitere mehr oder weniger merkwürdige Gestalten.  Ein Garten-Häcksler der Firma Has­selnöt & Ef­ter­fragåd und eine Birke, die sich ihre eigenen Gedanken über die Ereignisse macht … und natürlich das Bestatter-Ehepaar Grasegger (diesmal auf den Spuren berühmter Friedhöfe)

Die Schönheit des Landlebens:

"Ab zehn konnte er wieder loslegen, da war alles erlaubt. Bohren und Fräsen, Spreißeln, Schrauben, Laubblasen, Presshämmern …
Aiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii! Das war die Koloratur des Rasenmähers, den der Gärtner ein paar Grundstücke weiter angeworfen hatte. Auf der anderen Seite jaulte eine Bohrmaschine auf, eher dumpf und verbissen röhrte der zylinderköpfige Löcherer, und schon fraß er sich hungrig ins Betonierte …
Rackackackackackackacka! So klang der Schlaghammer bei den Keudells. Bei ihnen wurde ein neuer Terrassenboden verlegt …
Wuiiisssssssssss! Das war der Steinschneider des Gärtners bei der Familie Martinsrieder gegenüber. Dort wurde ein neuer Gartenweg angelegt. Langsam gewann man den Eindruck, dass sämtliche Geräte in der Nachbarschaft angeschaltet worden waren, denn jetzt hob sich im Kramerhangviertel ein gärtnerisches Geräuschspektakel von Richard Wagner’scher Dezibilität."

Meine Meinung:

Der satirische Krimi als eigenständige Kunstform. Ich oute mich hier mal als Fan des skurrilen Alpenkrimis, wie ihn nur der Maurer Jörg – seines Zeichens Autor und Musikkabarettist – schreiben und performen kann.

Humor ist (wie alles im Leben) Geschmackssache. Ich mag die kauzig karikierten Typen und die fantasievollen Wortneuschöpfungen. Aber am meisten gefallen mir die vielen absurden Ideen, von denen ich gar nicht genug bekommen kann. Von mir die volle Punktzahl  5/5 für diesen Kunstgriff.

„Zum großen Haufen der Deppen gehört immer einer mehr, als man denkt.“ (Georg Chris­toph Lichten­berg)  Ich hoffe der Georg Christoph Lichtenberg hat damit nicht mich gemeint!