Rezension

"Das Buch überzeugt durch seinen Schreibstil des Erfolgautors. Die Geschichte sucht und findet."

Die wir am meisten lieben - Nicholas Evans

Die wir am meisten lieben
von Nicholas Evans

Nach 5 Jahren dürfen wir wieder ein neues Buch des Bestsellerautors lesen. Gewartet haben wir alle und nun schauen wir mal, ob es sich auch gelohnt hat.

Am einfachsten ist es hier mit dem Prolog anzufangen. Denn dieser leitet alles ein und bildet das Zentrum der gesamten Geschichte. Um diesen gelungenen Start dreht sich das gesamte Buch. Man kann auch annehmen, das es die Mitte der Geschichte erzählt. Denn davor geschieht das, was Tom sein Leben lang prägt und beschäftigt und danach geschieht das, was man erwarten sollte. Er verarbeitet und stellt sich seiner Vergangenheit.

Und so gestaltet sich das gesamte Buch. Wir dürfen eintauchen in die Vergangenheit des kleinen Tom und seiner Kindheit und im Wechsel den erwachsenen Tom, der sich dem Vorkommnissen durch das Schicksal seines Sohnes stellen muss.
Tommy, so genannt in seiner Kindheit, wächst eher sonderbar auf. Nicht nur das hohe Alter seiner Eltern, die Liebe seiner großen Schwester, das Internat sondern auch seine Vorlieben und Schwächen, die nicht immer auf Toleranz stoßen. Der Autor zeigt uns auch ein gesundes Bild der Zeit, die Ende der 50ziger in England herrschten. Die Moral und schulischen Lernmethoden waren doch sehr anders, als man es heute hat. Der Autor schafft es, dir einen Überblick zu verschaffen, ohne zuviel aufzutragen. Das gefällt mir.
Dann erleben wir einen erwachsenen Tom, der in den USA lebt. Geschieden mit einem erwachsenen Sohn und einen überstandenen Alkoholproblem. Sein Sohn, Soldat im Irakkrieg, steht aufgrund einer Fehlentscheidung vor Gericht und soll verurteilt werden. Tom möchte ihm helfen und versucht sich ihm wieder anzunähern und ihm ein Vater zu sein.

Die Geschichte seines Sohnes war irgendwie nur Vorwand. Tom erinnert sich und versucht nur das richtige zu machen. Im Ganzen gelingt es ihm auch und schafft es sich seinem Sohn anzuvertrauen. Er setzt sich nach Jahrzehnten mit dem Tod seiner Mutter auseinander. Die Rückblenden gelingen ihm gut. Erst versucht man den Zusammenhang zu suchen. Was hat seine Vergangenheit mit der Geschichte seines Sohnes zu tun? Gibt es Paralellen und wo findet man sie?
Ich habe aufgehört zu suchen. Nicht weil es unmöglich war, Vergleiche aufzubauen, sondern, weil man den Sinn des Buches vergisst bei der Suche. Tom muss sich den Taten stellen und erkennt, wie sehr sein Sohn ihn braucht. Auch wenn es nicht wirklich um das gleiche geht, sind es Ängste, die bewältigt werden müssen.

Nicolas Evans hat einen wirklich tollen Schreibstil, der sich gut lesen lässt, man wird nicht überschwemmt mit Fakten aus der Zeit. Es gibt ein paar schöne Nebendetails, die man auch nicht vergisst und dies sich auch gut durch das Buch ziehen. Am Anfang stört der Wechsel von den Lebensabschnitten der Figur Tom Bedford, aber man vergisst es schnell und taucht in eine schöne Geschichte ein. Manchmal fehlt mir ein wenig Tiefe in den Gefühlen. Zudem fehlte mir des öfteren dazu auch ein paar mehr Worte im richtigen Moment. Die Figuren sind alle sehr unterschiedlich gezeichnet und auch nicht langweilig. Dennoch fehlt auch hier die Wichtigkeit der Hauptperson Tom. Sie verwischt zu oft mit anderen Personen und das finde ich etwas schade.

Das Ende sollte auch nicht unerwähnt bleiben. Auch wenn das Buch ein toller Schmöker ist und mit einem tollen Tee bestens zu geniessen ist, fehlt hier die Konsequenz der Taten. Ich möchte nicht sagen, das sie hier nötig wären, da es in dem Buch wohl nicht um Konsequenzen geht, aber dennoch wird einfach nur ein Schlussstrich gezogen und schwups ... Ende.

Im Großen und ganzen finde ich das Buch dennoch gelungen. Es geht um Gefühle, Ängste, Beziehungen und Lebensweisen. Ich kann es jedem empfehlen, der für die trüben Tage was sucht. Der Schreibstil überzeugt und wenn man weiter als in die Geschichte schaut, findet man vielleicht auch die Gedanken des Autors.