Rezension

Clash of Generations

Im Menschen muss alles herrlich sein -

Im Menschen muss alles herrlich sein
von Sasha Marianna Salzmann

Bewertet mit 4 Sternen

Die Sowjetunion unter Gorbatschow. Ein korruptes System, und doch Heimat für die Freundinnen Tatjana und Lena. Aber das Land steht im Umbruch, ist im Begriff des Zerfalls, und so führen die Wege der beiden Frauen als jüdische Kontingentflüchtlinge in den 90ern schließlich aus der fortan unabhängigen Ukraine nach Deutschland. Ihre beiden Töchter wachsen hier unter einer anderen Sozialisation auf, verankert in einer ganz anderen Zeit, und man könnte meinen: in einer komplett anderen Welt.

Ein Bogen über vier Jahrzehnte führt aus einem Pionierlager der Sowjetunion bis ins heutige Thüringen, als auf einer Familienfeier die Generationen wieder zusammentreffen. Clash of Generations. Unverständnis und Sprachlosigkeit, Stimmlosigkeit zwischen den Alten und Jungen - man redet nicht viel, lebt in seiner eigenen Welt. Ein Roman über Mutter-Tochter-Beziehungen, die vor allem auch unter den verschiedenen Sichtweisen auf das Konstrukt Heimat leidet, einer Heimat der Vergangenheit vs. einer Heimat des Jetzt. Salzmann schreibt über die Verhandlung einer familiären Identität, eines krisenartigen Zusammenspiels von Erinnerungen an eine vergangene Zeit in einem korruptem Land und dem Exil. Ist Heimat Ort oder Zeit, was formt Heimat und wie funktioniert Familie, wenn die Tochter mit der Heimat ihrer Mutter nichts anfangen kann?

Zurecht letztes Jahr auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, aber ich hätte gern eine ausgewogenere Verteilung der Erzählperspektiven gelesen, da einige Erzählstränge leider eher in den Hintergrund gerutscht sind. Sonst keine Kritik von mir, ein insgesamt sehr interessanter Generationenroman.