Rezension

Böse, böse

Siebengeschichten - Nina Blazon

Siebengeschichten
von Nina Blazon

Bewertet mit 5 Sternen

Kurzgeschichten zählen eigentlich nicht unbedingt zu meinen liebsten Literaturformen. Aber vielleicht muss ich meine Einstellung nochmal überdenken - diese Anthologie, die noch dazu für Kinder ab 10 Jahren gedacht ist, hat mich nachgerade verschluckt.

Inspiriert von Gespenstersagen unterschiedlicher Länder, vereint die deutsche Jugendbuchautorin Nina Blazon darin sieben Erzählungen zu einem wahrhaft schaurigen Lesevergnügen. Wenn ihr mich fragt, würde ich allerdings noch ein, zwei Jährchen länger warten, bevor ich meinen Kindern das Buch in die Hand drücken würde. Erfahrene Gruselprofis wird es zwar keine schlaflosen Nächte bescheren. Bei Kindern könnte das allerdings ganz anders aussehen.

Nina Blazon schafft eine vertrauliche Nähe zu ihren Figuren, wodurch man wunderbar mitfiebern kann, was zartbesaiteten Lesern aber eventuell unter die Haut gehen könnte. Zumal in keiner der Geschichten mit einem Happy End nach dem Motto war-doch-alles-nur-ein-Späßchen zu rechnen ist. Echter Schrecken entsteht meistens im Kopf und beruht selten auf vordergründigen Effekten. Das Unheimliche in "Siebengeschichten" bleibt unheimlich, ist nicht erklär- und noch weniger berechenbar. Oft kommt es doppelbödig daher. Ist alles nur Einbildung? Oder lauert in den Geschichten etwas Böses, Irreales? Diese Frage ist verdammt beunruhigend. Sogar für mich – obwohl ich der Zielgruppe lange entwachsen bin.

Es wird von japanischen Mangafans erzählt, die dunkle Geister wecken. Von drei irischen Mädchen, die ihre anhängliche Stalkerin in den Tod treiben. Von einem monstermäßigen See in Schweden. Und einem hungrigen Weihnachtsbaum. Dem äußerst lebendigen Bild eines toten Jungen. Einem unheimlichen Mörderhaus und rachsüchtigen isländischen Feen. Klassischer Spuk, in einem modernen, staubfreien Gewand. So bildhaft beschrieben, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und es quasi in einem Rutsch gelesen habe.

Eine Lieblingsgeschichte kann ich euch übrigens nicht nennen. Denn – und das passiert mir bei Anthologien wirklich selten bis gar nicht: Jede einzelne Geschichte hat mir richtig gut gefallen. Da ich in meinem Leben schon Unmengen an Horrorfilmen und Gespensterbüchern konsumiert habe, konnte ich zwar etliche Twists vorausahnen, was zu dem Genre aber auch irgendwie dazugehört und mir nicht den Spaß an dieser wunderbaren Sammlung und – nicht zu vergessen – den atmosphärischen Illustrationen von Isabel Kreitz genommen hat.

Kurz und gut: Über die Altersempfehlung müssten wir vielleicht nochmal sprechen, lieber Aladin-Verlag, aber mal abgesehen davon war "Siebengeschichten" für mich die perfekte Halloween-Lektüre. Ein toller Schmöker, mit dem man sich die Zeit bis zum Fest schrecklich gut vertreiben kann!

Kommentare

hobble kommentierte am 29. Oktober 2018 um 06:10

Das kommt ins Wunschregal