Rezension

Blick in eine Künstlerseele

Konzert ohne Dichter - Klaus Modick

Konzert ohne Dichter
von Klaus Modick

Bewertet mit 4 Sternen

Heinrich Vogeler ist ein Maler, begehrt, berühmt, gut im Geschäft und verzweifelt.
„Es ist acht Jahre her, dass Vogeler Hauptmanns Stück illustriert hat…Damals war Vogeler begeistert, aber die wie durch einen Plüschvorhang gesehene Natur, die mehr künstliche als kunstvolle Poesie und die verworrene Mystik sind ihm inzwischen fremd geworden, sehr fremd, versunken wie die Glocke.“

Für sein monumentales Bild „Das Konzert“ soll ihm 1905 in Oldenburg die Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen werden, ein Bild, das als die Krone seines Schaffens gilt und hinter dem er schon längst nicht mehr steht. Die Veranstaltung wird für ihn zur Farce.

Auf dem Weg nach Oldenburg denkt er über sein Leben nach. 
Man erfährt in Rückblenden, wie die Worpsweder Künstlerkolonie entstanden ist, lernt viele Künstler näher kennen. Fritz Mackensen, Otto Modersohn, Paula Becker sind nur einige davon. Viel Raum nimmt Rainer Maria Rilke ein, der anfangs René hieß und Voglers Seelenverwandter war, bis ihm der Ruhm zu Kopf stieg und er anfing, selbstverliebt sein Poetentum zu zelebrieren, wobei in seiner Gedankenwelt kein Platz für Zwischenmenschliches mehr war. 
Vielleicht war er auch schon immer so, nur Vogeler hat sich verändert und sieht diese Freundschaft jetzt anders?
Vogeler hadert sehr mit dieser Erkenntnis…und hat Rilke aus seinem Bild entfernt. „Das Konzert“ müsste jetzt eigentlich „Konzert ohne Dichter“ heißen. Trotzdem ist er nicht zufrieden mit seinem Werk, das eigentlich für seine vergangene Schaffensperiode steht.
Aber ist es überhaupt möglich, als etablierter Künstler seinen Stil zu ändern? Kann man das Wagnis eingehen, Gönner, Kunden und Sponsoren zu verprellen, wenn man in der glücklichen Lage ist, von Kunst zu leben? Kann man Künstler und gleichzeitig bodenständig sein? 

In wunderschöner Sprache lässt uns Klaus Modick an Vogelers innerem Zwist teilhaben, lässt uns tief in die Seele eines Ausnahmekünstlers gucken und malt dabei ein Sittengemälde des Jugendstils an der Schwelle zum Impressionismus. 
Vielleicht liegt der Focus ein wenig oft auf Rilke, aber trotzdem ist dieses Buch eindrucksvoll und lesenswert.