Rezension

Bizarre, eigenartige Allegorie

Mrs U. liebt das Meer - Stanley Crawford

Mrs U. liebt das Meer
von Stanley Crawford

Bewertet mit 3 Sternen

Vierzig Jahre lang lebt Mrs. U. mit Unguentine, ihrem Ehemann  auf dem Meer, bis er sie eines Tages durch seinen Freitod verlässt. Auf einem ausrangierten Müllkahn verbringen sie Jahr um Jahr. Auch wenn das Paar anfangs noch ausschweifende Feste auf dem Schiff feiert, sich mit Schmugglern und Piraten umgibt, werden die späteren Jahre immer einsamer auf dem offenen Meder ohne Kontakt zu anderen Menschen. Mrs. U.s ungestillte Sehnsucht nach dem Land erfüllt sich nicht. Auf dem Schiff pflanzen sie allerhand Bäume, Blumen, Gemüse, leben von der Ernte. Der Mann lässt sich oft tagelang nicht blicken, werkelt irgendwo am Schiff herum, geht auf Tauchgänge, um die seltsamsten Dinge aus dem Meer zu holen. Letztlich baut er eine Kuppel über die besonderen Gärten der S.S. Unguentine. Die Isolation ist perfekt. Mrs U.s Wunsch nach einem Kind erfüllt sich auf sonderbare Weise, doch so wie ihr Sohn kommt, verschwindet er auch wieder

Mrs. U.liebt das Meer ist eine bizarre Allegorie über Mann und Frau, die Liebe und die Ehe. Das Leben auf dem Schiff ist derart fantastisch, nach kurzer Lesezeit muss man sich darüber klar sein, dass der Kahn, das Leben auf dem Meer gar nicht existieren kann

Die Erzählerin schildert ihren Mann zunächst als grausamen Bastard, der sie prügelt, säuft. Seine Gestalt hat etwas poseidonhaftes an sich, weißes langes Haar, wallender Bart, seine massige Gestalt, eine fleischige Zunge. Der Mann spricht kaum, gibt oft nur Grunzlaute von sich, die Kommunikation erfolgt über kleine Zettelchen. Kleingehalten wird sie, das Nautische braucht sie nicht zu interessieren, das Boot verlassen bedeutet, dass sie für kurze Zeit auf dem Beiboot treiben darf, und dies schon als höchstes Glück empfindet

Doch Mrs Unguentine ist eine unzuverlässige Erzählerin. Alles was sie an Monstrositäten ihres Mannes schildert, die Verbitterung über das Verlassen werden, kehrt sich auch wieder um in eine stille Traurigkeit und unerschütterliche Verbundenheit. Ist die Wortlosigkeit wirklich nur Zeichen der Missachtung, kann es nicht vielleicht auch ein Zeichen der intensiven Nähe sein, zu wissen, was der andere denkt? So wie die Winde auf dem Meer drehen sich die Stimmung, die Gefühle  der Erzählerin. Mir scheint sie trotzdem als einsame und dominierte Frau, die sich keinen Weg aus der Isolation findet. Am Buchumschlag steht bei dem Buch handelt es sich um eine Parabel auf das Glück. Ich möchte nicht wissen, wie eine Parabel auf das Unglück aussehen würde.