Rezension

Bis zum letzten Viertel wirklich schön, aber dann doch zu viele Klischees

Das Licht von tausend Sternen
von Leonie Lastella

Bewertet mit 3 Sternen

Ashton und Harper lernen sich zufällig in der Uni Bibliothek kennen. Ashton, der sonst spielend leicht bei jeder landen kann, fällt aus allen Wolken, als Harper ihn abweist. Nicht nur deswegen ist er fest davon überzeugt, dass sie etwas ganz Besonderes ist und lässt nicht locker.

Harper ist anders, als andere College Studenten. In jeder freien Minute ist sie Zuhause und betreut ihren autistischen Bruder Ben. Sie hat keine Zeit für Dates oder gar einen Freund. Aber ihr Herz will davon nichts wissen, es fühlt sich zu Ashton hingezogen, obwohl so vieles dagegenspricht.

 

 

Liest man nur den Klappentext, dann könnte man meinen dieses Buch sei einfach eine College-Romanze. Zwei Studenten begegnen sich und kommen irgendwann nach vielen Dramen zusammen. Doch dass dieses Buch anders ist, fällt schon sehr bald auf. 
Ashton baggert Harper nicht an, weil er einfach mit irgendeinem Mädchen rummachen will. Sie interessiert ihn, ja, und sie ist anders als andere Mädchen, aber er spürt, dass da noch mehr ist. Sie berührt ihn. Und als sie ihm dann noch ihren Namen nennt, Harper, bringt sie ihn endgültig aus dem Gleichgewicht. Harper, der Vorname von Harper Lee, der Lieblingsautorin seiner verstorbenen Schwester. Klar gibt es jede Menge Mädchen mit diesem Namen, aber vielleicht ist es doch ein Zeichen. 
Harper will nicht ausgehen, sie hat auch keine Zeit. Wenn ihre Mutter arbeitet, kümmert sie sich um ihren autistischen Bruder Ben. Sie liebt ihn mit all ihrem Herzen und empfindet ihn, bis auf ganz wenige Ausnahme-Tage nicht als Last, obwohl ihr Leben durch ihn stark eingeschränkt ist. 
Beide sind unglaublich sympathisch. Sie wirken bis kurz vor Schluss nicht überzeichnet, sondern „real“. 

Genau das macht dieses Buch aus. Es ist so unglaublich einfühlsam! Es hat mich direkt gepackt, ich habe gleich gemerkt, dass es anders ist. Für mich fühlt es sich am Anfang an wie die Poetry-Reihe von Colleen Hoover. Unglaublich sensibel und einfühlsam, allerdings fühlt es sich weniger künstlich dramatisch an, leider hält es das aber nicht durch.

Ich hatte anfangs einen Verdacht, was da noch kommen könnte, aber ich lag falsch. Zum Glück für mich und zum Pech für das Buch, leider. Bis zum letzten Viertel hat es mir wirklich richtig gut gefallen. Ich fand das Buch so sensibel und einfühlsam und auch die Protagonisten wirkten auf mich so. Aber leider kam dann die erste Wendung. Ja, Harper hat sich da falsch verhalten, aber Ashton führt sich auf, als hätte sie aus purer Mordlust seinen Welpen erschossen oder so! (er hat keinen Welpen, das dient nur zur Illustration seiner Reaktion) Es ist ein heikles Thema, aber ab da wirkt er egoistisch auf mich und als würde er krampfhaft alles falsch interpretieren zu Harpers Ungunsten und um sich selbst als Opfer zu sehen. Ich kann auch verstehen, wo das bei ihm herkommt, seine Eltern haben ihm da wirklich ordentlich eins mitgegeben durch ihre Art mit ihm umzugehen. Leider machen viele Eltern in dieser Situation diese Art Fehler. Ja, ihr Verhalten war sehr, sehr falsch, aber sie befanden sich auch in einer schrecklichen Situation. Ich bin in der Sache auf Ashtons Seite, aber sie tun mir trotzdem auch leid.

 

Ich kann Harper verstehen, immerhin wurde sie ihr Leben lang von ihrer Mutter darauf gedrillt, sich aufzuopfern und ihren Bruder vor alles und vor allem sich selbst zu stellen. Die ändert zwar immer wieder kurzfristig ihre Meinung, schafft es aber dann auch genauso schnell wieder Harper das Gefühl zu geben ein schrecklicher Mensch zu sein, wenn sie einmal auch etwas für sich tun will. Auch sie hat es nicht leicht, ganz klar, aber in meinen Augen macht sie das gleiche, oder sogar schlimmeres, als Ashtons Eltern damals. Denn Harpers Mutter wirkt immer wieder so, als würde sie Harper für jedes Lächeln außer der Reihe nur Verachtung entgegenbringen. Das wird später um 180° gedreht, aber ich kann ihr ihr Verhalten von davor nicht einfach so vergeben.

 

Die Wendung hat mir das Buch verdorben. Davor war es total Anti-Klischee – obwohl ich es bescheuert fand, dass Harper immer so geheimnisvoll getan hat, statt einfach von ihrem Bruder zu erzählen, aber gut, das ist halt einfach so – aber durch die Wendung ist es für mich in die typische College-Romanzen-Ecke abgedriftet. Es war total klar, wie es weitergehen würde und das Buch verlor in meinen Augen seinen Zauber und wurde zu vorhersehbar.

 

 

Fazit: Das Buch beginnt für mich richtig, richtig gut. Die ersten ¾ sind auch top, aber im letzten Viertel ziehen doch noch die Klischees ein und es driftet in die vorhersehbare College-Romanzen-Schiene ab, die es zuvor so wacker umschifft hatte.

Ja, Harper hat Fehler gemacht, die beide zu Schwierigkeiten geführt haben, aber was mich da echt genervt hat war, dass Ashton sich selbst als Opfer inszeniert hat. Er reagiert total über, aber zieht sich die ganze Zeit daran hoch, dass Harper doch, durch ihren jeweiligen Fehler „angefangen“ habe. Total kindisch.

Ich fand es auch bescheuert von Harper geheimnisvoll zu tun, statt einfach die Wahrheit zu sagen, warum sie so oft Zuhause sein muss. Es wird dafür auch kein Grund geliefert. Man muss es als Leser einfach hinnehmen.

Die Wendung hat mich aus dem Buch geworfen und ich habe nur mit Mühe wieder hineingefunden. Für mich fiel das letzte Viertel massiv gegenüber dem Rest ab.

 

Ich hatte eine andere Vorstellung von diesem Buch. Ich dachte, es würde sich in eine komplett andere Richtung entwickeln. Ich fand es bis zum letzten Viertel wirklich schön, aber danach war es für mich nicht mehr das gleiche. Es ist mir zu sehr in die Klischee-Schiene abgerutscht und Ashton hat bei mir ordentlich verloren. Schade!

 

Von mir gibt es 3 Sterne.