Rezension

Bewegend und tiefgründig

Die Annäherung - Anna Mitgutsch

Die Annäherung
von Anna Mitgutsch

Bewertet mit 4 Sternen

Theo ist über 90 Jahre alt und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Er spürt tief in sich, dass sein Leben nun bald vorbei sein wird. Er wird zum Pflegefall und erlebt mit voller Macht, wie hilflos er geworden ist. Er zieht Billanz und durchlebt noch einmal sein Leben. Theo nimmt uns mit in seine persönliche Reise in die Vergangenheit, lässt uns teilhaben an seiner Ehe mit Berta, seinem zerrütteten Verhältnis mit seiner Tochter Frieda und seiner Sehnsucht nach ihr. Gegenwärtig wird seine Pflegerin Ludmilla seine letzte große Liebe, zur engsten Vertrauten, mehr als es seine Tochter jemals war. Dennoch will er die Beziehung zu Frieda retten und sich aussprechen, doch so einfach ist es nicht. Jahre des Entfremdung liegen zwischen Vater und Tochter, es gibt keine Punkte zum Anknüpfen, so vieles wurde nicht gesagt und hätte doch gesagt werden sollen.

„Die Annäherung“ ist kein Roman für Zwischendurch. Der Schreibstil von Anna Mitgutsch ist tiefgründig und kraftvoll. Durch die fehlenden Anführungszeichen in den Dialogen, musste ich manchen Satz zwei Mal lesen, um ihn zu verstehen. Doch wenn man sich auf den Schreibstil der Autorin einlässt, dann versteht man den tiefen Sinn dieser Geschichte. So manches hat sich wie ein schwerer Vorhang um mein Innerstes gelegt und mir wurde klar: Man muss sprechen solange man noch kann. Irgendwann ist es zu spät und die Distanz wird immer größer. Von Jahr zu Jahr fällt es uns schwerer eine Beziehung zu bereinigen und unausgesprochenes auszusprechen. Dabei ist es doch ein echter Gewinn, wenn die Zukunft noch gemeinsam erlebt werden darf. Und ich denke, dass Schlimmste ist es einmal zu sagen: Warum habe ich nicht?

Auch das zweite Thema, welches in dieser Geschichte steckt, ist kein einfaches. Frieda möchte unbedingt herausfinden, was ihr Vater damals im 1. Weltkrieg getan hatte. War er tatsächlich so unschuldig wie er immer erzählt hatte? Frieda fängt zu recherchieren an und hofft, dass ihre Fragen endgültig beantwortet werden.

Fazit

Das Buch hat mir sehr gefallen. Auch wenn ich es nicht so schnell gelesen habe wie so manchen Thriller, hat mir hier gerade die Tiefe und die Kraft so gefallen. Wer gerne mal etwas zum Nachdenken hätte und auch vor einem intensivem Schreibstil nicht zurückschreckt, der sollte hier unbedingt zugreifen.

Kommentare

Steve Kaminski kommentierte am 07. Juni 2016 um 21:43

Ich habe von Anna Mitgutsch noch nichts gelesen, nur von ihr gehört - schön, dass hier auch mal so ein Buch rezensiert wird. Deine Rezension macht Lust auf die Lektüre.