Rezension

Beeindruckender Roman über so gleiche und doch so verschiedene Brüder

Das gläserne Meer - Josh Weil

Das gläserne Meer
von Josh Weil

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Zwillinge Dimitri, genannt Dima und Yaroslaw, genannt Jarik, sind von Geburt an unzertrennlich. Die Jugend verbringen sie, nach dem Tod ihres Vaters auf dem russischen Land, auf einem Bauernhof bei ihrem Onkel, der die Beiden in den russischen Mythen und Sagenschatz einweiht. Sie sind tief miteinander verbunden, fühlen einander und es scheint als könne sie nichts trennen. Doch viele Jahre später arbeiten sie beide in einem gigantischen Gewächshaus, der Oranzeria, in einer Stadt, die von im weltallschwebenden Spiegeln rund um die Uhr beleuchtet wird. Während Jarik sich allmählich eine Familie aufbaut, bleibt Dima der Träumer und bald ist die Arbeit das einzige was die Beiden noch verbindet, ebenso der Traum, den Hof ihrer Kindheit zu kaufen. Bald geraten die Beiden immer weiter auseinander und sie werden zu Figuren in einem Spiel von Verschwörungen und Täuschungen.

Der Debutroman von Josh Weil ist mir vor allem durch sein Cover und die Buchgestaltung aufgefallen, die ich sehr ansprechend fand. Die Zeichnungen auf dem Umschlag sind in einem dunklen Orange und Weiß gehalten. Sie zeigen die Zwillinge auf einem eingefrorenen See, die Hütte des Onkels, sowie weitere Elemente aus dem Roman. Weiterhin sind die jeweiligen Kapitelüberschriften durch eine Zeichnung ergänzt worden, die passend zum Inhalt des Kapitels gestaltet sind. Auch hier ist ein ähnlicher Zeichenstil zu erkennen. Mich hat die künstlerische Gestaltung sehr angesprochen, da sie zum Roman passte.
In den Roman selber musste ich zunächst reinfinden. Das lag vor allem am Schreibstil des Autors, der sehr genau ist, die Dinge oftmals durch Metaphern und Vergleiche beschreibt und die Ereignisse sehr ausschmückt. Auch nutzte er oft russische Begrifflichkeiten und führt seine Beschreibungen in langen und verschachtelten Sätzen auf, die teils über eine halbe Seite und mehr reichten. Obwohl mir der Schreibstil sehr gut gefallen hat, empfand ich ihn anfangs als sehr anstrengend zu lesen, da man sich stellenweise sehr konzentrieren musste um alle Informationen aufzunehmen. Trotzdem bin ich froh, dass Buch nicht aus der Hand gelegt zu haben, denn hat man sich erst einmal in das Buch eingefunden, erwartet einen eine beeindruckende und fesselnde Geschichte über zwei so ähnliche und doch unterschiedliche Brüder.

Durch die exakten und detaillierten Beschreibungen des Autors wirken die Beiden und die anderen Figuren im Buch sehr authentisch und man kann ihre Handlungen sehr gut nachvollziehen. Durch die Aufarbeitung der gesamten Lebensgeschichte von Dima und Jarik dringt man immer tiefer ein und versteht, wie sich die Beiden entfremden konnten. Neben der berührenden Geschichte die von Schicksalsschlägen, Entscheidungen und großen Gefühlen geprägt ist, bietet Josh Weil interessante Ideen über Weltraumspiegel und ein gigantisches Gewächshaus, die mich stark beeindruckt haben. Auch die Einführung in den russischen Sagenschatz, die Zitate von Puschkin und die russischen Begrifflichkeiten passten in den Gesamteindruck des Romans.

Allgemein hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich kann es sehr weiter empfehlen. Auch wenn man erst in den Roman hineinfinden muss konnte ich ihn danach nicht mehr aus der Hand legen und war gefesselt vom poetischen und genauen Schreibstil des Autors und seinen Ideen, sodass ich seine nächsten Werke sicherlich auch lesen werde.