Rezension

Back to the roots

Mitgenommen - Arnon Grünberg

Mitgenommen
von Arnon Grünberg

Irgendwo in der südamerikanischen Provinz hat Major Anthony den Auftrag zwei Aufständische festzunehmen. Der Einsatz läuft schief und ein Korporal schießt wie wild drauf los. Die beiden Verdächtigen sterben. Da hört Major Anthony plötzlich ein Schluchzen aus dem unteren Geschoss und findet dort ein kleines Mädchen, Lina. Ein Plan sentsteht in seinem Kopf: Lina hat nun keine Eltern mehr und er und seine Frau können keine Kinder haben, also beschließt er sich dazu, dass kleine Mädchen mitzunehmen und ihm ein neues Zuhause zu geben. Paloma, seine Frau, ist jedoch alles andere als begeistert über den Familienzuwachs. Sie will nicht irgendein Kind, sie will ein leibliches Kind! Für den Major ist Lina aber schon sein Kind und er wünscht und hofft, dass auch Paloma das kleine Mädchen bald lieb gewinnen wird.
Doch dann kommt alles anders, er bekommt den Auftrag die Versorgungslage der in den Bergen stationierten Militärs sicherzustellen und bricht mit einem Konvoi auf....und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

"Mitgenommen" zu beurteilen fällt mir sehr schwer, da ich die erste Hälfte des Buches als sehr schleppend und langatmig enpfunden habe, die zweite Hälfte jedoch habe ich geliebt und verschlungen.
Vom Sprachstil her ist der Roman gut zu lesen, auch wenn die ein oder andere Passage vorkommt, die etwas anspruchsvoller ist und die man besser zweimal liest.
Die Handlung in der ersten Hälfte, welche aus der Sicht von Major Anthony erzählt wird zieht sich sehr, grade aus diesem Grund war ich erleichtert, als der nicht mehr erwartete Perspektivenwechsel statt fand. Und das gleich mehrmals: wir erleben die Fortsetzung der Geschichte aus der Sicht der Haushälterin, von Paloma und dann bis zum Ende von Lina. Unverhoffter Schwung kommt in die erzählung und man wird plötzlich "mitgenommen" auf die Reise in die ungewisse Zukunft der kleinen Lina.
Die Protagonisten sind facettenreich dargestellt und doch durch die Umstände, in denen sie aufwachsen, leben und arbeiten sehr geprägt.
Der Major zum Beispiel lebt für seine Arbeit beimMilitär, er ist rational und durchorganisiert und betrachtet sogar die Ehe als einen Krieg im eigenen Haus, den er gewinnen muss. Die Beziehung zu seiner Frau Paloma ist nicht mehr geprägt von Liebe, für ihn ist es einfach eine Aufgabe die Ehe am Laufen zu halten, an der er ncht scheitern möchte. Die Soldaten sind allesamt gepägt durch das Leiden, die Not und die Gewalt die sie mitansehen mussten. Sie sind vom Staat und vom Militär zerstört worden.
Und vor allen Dingen Lina ist geprägt durch die Situation in der sie aufwachsen musste. Das "mitgenommen" werden ist ein großer Bestandteil ihres Lebens, sie ist eine Einzelkämpferin und hat seit dem Tod ihrer Eltern keine Bezugsperson mehr. Von den meisten Männern wird sie benutzt und empfindet die körperliche Liebe als eine Sache, die sie mal kurz über sich ergehen lässt. Wahre Liebe zu einem Mann lernt sie nicht kennen.
Ein weiterer Pluspunkt für "Mitgenommen" ist die Tatsache, dass ich bis zum letzten Kapitel den Schluß nicht vorhersehen konnte, Arnon Grünberg konnte mich immer wieder überraschen.

Lina, go back to your roots!