Rezension

Auf den Spuren der Inuit

Schneetänzer - Antje Babendererde

Schneetänzer
von Antje Babendererde

Bewertet mit 4 Sternen

Jacob bricht nach Kanada auf, wo er seinen Vater kennenlernen will. Er weiß aber nicht, ob er ihn überhaupt finden und was ihn im Norden des Landes erwarten wird. Damit beginnt eine Reise ins Ungewisse, die ihn auf die Spuren seiner Herkunft führt.

Jacob ist wütend und enttäuscht, weil er von seiner Mutter bisher angelogen wurde. Es hieß, dass sie seinen Vater nicht kennt und er das Ergebnis eines einmaligen Abenteuers im Urlaub sei. Ausgerechnet von seinem Stiefvater erfährt er im Streit, dass er sehr wohl einen Vater hat, der im Norden Kanadas heimisch ist. Wild entschlossen macht sich Jacob auf den Weg, mehr über sich, seinen Vater und die Vergangenheit zu erfahren.

In Kanada angekommen merkt er, dass er eine völlig fremde Welt betritt, aus der er augenscheinlich stammt. Ein Zufall zieht ihn in die Wildnis, wo er mehr über sein Volk, die Vergangenheit und die Lebensweise seiner kanadischen Familie erfährt.

Jacob hat sich oft gefragt, woher sein exotisches Aussehen stammt. Dabei hat er sich völlig auf die Aussagen seiner Mutter verlassen und den biologischen Erzeuger in Asien vermutet. Mittlerweile ist ihm klar, dass kanadisches Inuit-Blut durch seine Adern fließt und er Wurzeln in der eiskalten Wildnis hat.

Diese Wildnis macht es ihm nicht leicht. Durch böswilliges Verhalten landet er mitten in der bedrohlichen Winterlandschaft. Er ist allein, es ist kalt, und er weiß, dass er um sein Überleben kämpft. Zu guter Letzt begegnet ihm ein Bär, dem er nichts entgegenzusetzen hat.

Autorin Antje Babendererde entführt den:die Leser:in in eine fremde Welt aus Schnee und Eis. Gemeinsam mit Jacob stapft man durch die kanadische Wildnis, die Kälte brennt im Gesicht und man fühlt, wie das Leben aus einen weicht, sobald man stehen bleibt und der Körper auskühlt.

Gleichzeitig zeigt sie, wie die Inuit in dieser Umgebung bis vor wenigen Jahrzehnten gelebt haben. Sie zeichnet ein spannendes Bild von Jägern, die im Einklang mit der Natur der unwirtlichen Umgebung trotzen.

Jacob erfährt dieses Leben am eigenen Leib und bekommt in gewisser Weise einen Crash-Kurs im Überleben als Inuit. Geschickt werden moderne Anschauungen der Tradition gegenübergestellt. Beispielsweise ist der Protagonist vehementer Vegetarier, lernt aber, dass es ohne Fleisch kein Überleben in der Eiseskälte gibt. Nichtsdestotrotz zeigt sich, dass Traditionen überholt sein können, wenn sie auf Kosten der Natur gehen und es mittlerweile andere Lösungen gibt.

Die jüngere Geschichte der Inuit fließt ebenso ein. Babendererde veranschaulicht, wie grausam dieses Volk gebrochen und von ihrer Lebensart weggedrängt wurde, um westlichen Anschauungen zu entsprechen.

Gekrönt wird die abenteuerliche Handlung mit einer jugendlichen Liebesgeschichte, die bezaubernd zu lesen ist, mir aber zu hochtrabend war. Meinem Geschmack nach waren zum Ende hin zu viel Hochgefühl und Aufbruchstimmung vorhanden. Andrerseits verstehe ich, dass ein junger Mensch die Gelegenheit am Schopf packt und sich rasch auf eine völlig neue Umgebung einstellt. 

Zweifellos ist „Schneetänzer“ ein exzellentes Buch, das sich mit der Geschichte und der Kultur der Inuit beschäftigt. Der jugendliche Charakter, der familiäre Hintergrund, die Liebesgeschichte und der Abenteuer-Flair verschmelzen zu einem lesenswerten Roman, der in die verschneite Wildnis entführt und ausgezeichnet zu lesen ist.

Meiner Meinung nach ist es ein empfehlenswertes Jugendbuch, das sicherlich nicht nur jüngere Leser:innen packt.