Rezension

Als Biografie bemerkenswert spannend

Die Stunde der Räuber - Udo Weinbörner

Die Stunde der Räuber
von Udo Weinbörner

Bewertet mit 5 Sternen

Hat die "Militärische Pflanzschule" Schiller geprägt?

Gleich vornweg: „Die Stunde der Räuber“ von Udo Weinbörner hat mich wirklich sehr beeindruckt und gefesselt, an manchen Stellen fiel es mir richtig schwer, diesen „Schiller-Roman“ aus der Hand zu legen! Auch hallt es noch lange nach...

Eigentlich ungewöhnlich für eine Biografie über Friedrich Schiller – und dazu auch „nur“ der erste Teil. Aber dem Autor ist es gelungen, die Kindheit und Jugend von „Fritz“ so lebendig und anschaulich zu schildern, dass ich häufig das Gefühl hatte, ich sei bei den verschiedenen Ereignissen anwesend und hätte sie persönlich miterlebt.

Ab seinem 14.Lebensjahr muss Schiller die von Herzog Carl Eugen von Württemberg gegründete „Militärische Pflanzschule“ / Karlsschule besuchen: Herzog Carl Eugen zu Schillers Vater: „Nun gut, dann gib er mir seinen Sohn für meine Schule, damit ich aus ihm was Gescheites machen kann.“ (S. 30) Der Vater kann sich – obwohl er entgegengesetzter Meinung ist – nicht verweigern, steht er doch selbst als Hauptmann beim Herzog in Sold!

Diese 8 Jahre in der Schule unter dem tyrannischen und despotischen Herzog prägen Schiller, die Bedingungen in diesem Militärinternat erscheinen aus heutiger Sicht unmenschlich und erinnern an fundamentalistische Sekten, z.B. ist keinerlei Kontakt mit der Familie erlaubt (als Schillers Mutter ihm einen Brief schreibt, wird er streng bestraft). Einzig der (auch verbotene) Zusammenhalt der „Eleven“ kann auf der positiven Seite vermerkt werden. Aber  der Herzog bestimmt auch nach Beendigung der Schule (Schiller hatte eine Ausbildung zum Militärarzt beendet) weiterhin Schillers Leben, so verbietet er ihm sich als „freier“ Arzt niederzulassen und Privatkleider zu tragen. Nach der Uraufführung „Der Räuber“ 1782 in Mannheim kommt es zum endgültigen Bruch mit dem Herzog: nach erneuten Repressalien (z.B. Verbot aller nicht-medizinischer Schriftstellerei) flüchtet Schiller aus Stuttgart und begeht damit Fahnenflucht.

Um meine Frage in der Überschrift zu klären: ja, ich denke, dass die Jahre in der Karlsschule und die persönliche Unfreiheit Schiller maßgeblich geprägt haben, verbunden allerdings auch mit dem „Zeitgeist“ der Aufklärung – dadurch wiederum wurden „Die Räuber“ zu einem Publikumserfolg.

Ich glaube, ich wäre mit Schiller als Mensch nicht recht warmgeworden, er war mir nicht sympathisch. Ich habe seine Freunde bewundert, die ihm treu zur Seite standen – obwohl sie von Schiller kaum Wertschätzung oder Dank erhielten. Ich empfand Schiller als sehr Ich-bezogen, aber er war eben ein Genie – und bei Genialität kommt ja häufig die Empathie etwas zu kurz..

Udo Weinbörner ist es großartig gelungen, dass Leben Friedrich Schillers so spannend darzustellen, dass es mich zeitweise an einen Krimi erinnerte. - und ich deshalb schon heute ganz neugierig auf den 2.Teil der Biografie warte! Natürlich spreche ich hier eine absolute Leseempfehlung aus (übrigens auch für Menschen, die – wie ich – bisher relativ wenig über Friedrich Schiller wissen!)