Alltag in der Rechtsmedizin
Bewertet mit 4 Sternen
Die Geschichte startet mit der kleinen Siara Zhou, die auf der Kinderintensivstation der Berliner Charité liegt. Siara ist die Nichte von Abels Kollegin Sabine Yao und innerlich verflucht Abel, dass ausgerechnet er Bereitschaft hat. Trotzdem untersucht er sich ebenso vorsichtig wie gründlich und lässt sich nicht von persönlichen Gefühlen in die Irre führen, auch wenn ihm das sehr schwerfällt.
Leichennahme der Rechtsmedizin
Ziemlich zur gleichen Zeit wird in der Annahme der Rechtsmedizin der Leichnam einer vierundsiebzigjährigen verwitweten Rentnerin angeliefert. Der Mitarbeiter in der Annahme, ein Student der sein BAFÖG aufbessert, erlebt allerdings mit ihr den Schock seines Lebens. Die angeblich Verstorbene bewegt sich plötzlich in dem Leichensack und der Student versucht möglichst schnell Hilfe zu holen. Allerdings können die Sanitäter auch nicht mehr helfen und so landet auch diese Dame dann endgültig in der Rechtsmedizin.
Kickboxclub
Ebenfalls zu gleichen Zeit versucht ein junger Mann seinen Verfolgern zu entkommen. Aber er hat keine Chancen und sie verprügeln ihn auf brutalste Weise, um etwas zurückzubekommen, was er ihnen offensichtlich gestohlen hat. Er fleht und bettelt, sagt ihnen aber nicht, was sie tatsächlich wissen wollen. Am Ende wird er mehr tot als lebendig in einen alten Boxsack eingenäht, der von der Decke baumelt - was dann auch sein Ende bedeutet. Hier wird er am nächsten Tag dann von Lars Moewig tot aufgefunden.
Siara Zhou
Jeder der drei Fälle ist an sich schon sehr spannend und birgt jede Menge Stoff für einen spannenden Thriller. Alle drei in einem Buch war dann beinahe ein bisschen zuviel des Bösen und ich wusste gar nicht so recht, worauf ich mich nun konzentrieren soll. Gefühlsmäßig war ich eindeutig bei Siara Zhou, ihrer Zwillingsschwester, ihrer Mutte und ihrer Tante und der Frage, was wirklich passiert ist. Am Ende interessierte mich tatsächlich auch nur ihr Fall.
Eher Beiwerk
Der Fall des in den Boxsack eingenähten Opfers war sicher irgendwie spektakulär und ja, mit libanesischen Drogenbaronen sollte man sich auf keinen Fall anlegen - aber der Teil des Buches packte mich nicht wirklich. Ähnlich unberührt ließ mich der Fall der alten Dame, auch wenn mich das durchaus beschämt. Abels privates Geplänkel mit seinen Kindern am anderen Ende der Welt oder seine unerwartet schwangere Frau fand ich zwar etwas merkwürdig aber es berührte mich ebenfalls nicht sonderlich.
Unpersönlich
Vielleicht wäre das was anders gewesen, wenn ich die ersten drei Bände kennen würde - aber so blieb mir nur dieser eine Fall, den ich gerne viel intensiver verfolgt hätte. Der Schreibstil von Michael Tsokos oder Wolf-Ulrich Schüler, der ja an dem Buch mitgeschrieben hat, war mit ein bisschen zu unpersönlich oder zu protokollmäßig. Ein bisschen mehr Gefühl hätte meiner Meinung nicht geschadet. Trotzdem, auch wenn es mir irgendwie peinlich ist, fühlte ich mich alles in allem gut unterhalten.
Mein Fazit:
Zerrissen von Michael Tsokos hat mich in einen gewissen Zwiespalt geführt. Ist es wirklich okay, wenn ich mich von den tatsächlichen Schicksalen fremder Menschen unterhalten lasse? Für mich persönlich ist es das nicht, trotzdem fand ich das Buch als solches spannend und gut, wenn auch etwas unpersönlich, geschrieben.