Rezension

Alles konnte ans Licht gebracht werden?

Was ans Licht kommt -

Was ans Licht kommt
von Christoffer Carlsson

Bewertet mit 5 Sternen

Ein unscheinbares Cover mit einem kleinen Hüttchen, typisch schwedische rote Latten, eine grübelnde Person und ein Titel, der wahrlich nicht als Kaufargument gut ist. Einzig der Aufzug der schwarzen Wolken verheißt … was? Doch auf den 492 Seiten mit 117 kleinteiligen Kapiteln offenbart sich ein wahres Meisterwerk im Genre der literarischen Kriminalromane.

Dort wo Christoffer Carlsson aufgewachsen ist spielt der Krimi: In Marbäck, an der schwedischen Südwestküste im Bezirk Halland, die reale Geographie des Krimis.
Real, aber vermutlich autobiographisch kehrt zu Beginn des Romans ein namenloser Autor geschieden und mit Schreibblockade nach Halland, nach 30 Jahren zurück, wo er einst aufgewachsen ist: 2019 - eine von mehreren Zeitebenen – der Autor genannt „Wurm“ nach Bücherwurm. Zwei Serienmorde und Vergewaltigungen, die 1986 in der Nähe des Gutshofs Tiarp begangen wurden lassen ihn zum Nebenermittler werden. Zeitgleich wurde der schwedische Ministerpräsident Olof Palme in Stockholm erschossen. Das Land verfällt in Schockstarre und versetzt die Polizei wird in Alarmbereitschaft. Der erfahrene Polizist Sven Jörgensson nimmt mit Kolleginnen und Kollegen die Ermittlungen auf, die ihn rastlos und düster verfolgen. Seine extreme Starrköpfigkeit lässt ihn die falschen Schlüsse ziehen, mit tödlichen Konsequenzen. Das Korrektiv dazu kommt erst durch die Nachforschungen des Bücherwurms zu Tage. Dessen Erinnerungen an die gemeinsame Vergangenheit leben mit den Begegnungen von Svens Kollegin Evy und Svens Sohn Vidar wieder auf. „Von moralischen Schmerz kann man sich langsam aufzehren lassen oder mit drastischen Maßnahmen einen Befreiungsversuch zu unternehmen“ („Wurm“ S. 16).

Wie die Vergangenheit mit der aktuellen Gegenwart verbunden wird, sorgt für Spannung. Bei aller intensiven Polizeiarbeit stehen die beteiligten Akteure mit ihrer Vergangenheit, ihrer Rolle im Mittelpunkt, mit tiefgründiger Beschreibung ihrer Charaktere und Lebensgeschichte. Es geht vielmehr um die Menschen mit ihren Verfehlungen und Schuld.

„Das Böse kann im geringsten Geschöpf auf Erden seine Wurzeln schlagen“ (Sven S 489).

Die Erzählung erfordert Durchhaltevermögen und ist nichts für ungeduldige Krimileser. Mir hat der dieser anspruchsvolle und komplexe Kriminalroman sehr gut gefallen, nicht immer in den gewohnten Bahnen zu lesen, sondern sich auf etwas Neues einzulassen. Tritt die reine Politeiarbeit in den Hintergrund, schiebt sich Besessenheit, Selbstbetrug und Lügen, Schuld und Sühne sowie die Folgen einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in den Vordergrund.

Christoffer Carlsson, 36, hat in Stockholm Kriminologie studiert und promoviert, nebenbei drei Kriminalromane um den Kripomann Leo Junker verfasst, wurde mit Preisen für diese Romane wie für seine wissenschaftlichen Arbeiten ausgezeichnet. Zurück in seine Heimat Halland ist er jetzt mit zwei Romanen über die Polizisten Jörgensson literarisch zurückgekehrt und damit auf der Krimibestenliste gelandet.