Rezension

Acht Frauen, acht Geschichten auf der Pilgertour nach Canterbury. Prima Unterhaltung!

Die Canterbury Schwestern - Kim Wright

Die Canterbury Schwestern
von Kim Wright

Bewertet mit 5 Sternen

Ein wunderbarer (Frauen-)Roman, der nicht nur prima unterhält, sondern auch Fragen und Antworten zu den Kernthemen des Lebens liefert.

Die Canterbury Schwestern von Kim Wright ist ein wunderbarer absolut lesenswerter (Frauen-)Roman, der nicht nur prima unterhält, sondern auch Fragen und Antworten zu den Kernthemen des Lebens liefert.

Klappentext: „Che kann es nicht fassen: Sie ist mit acht Frauen auf dem Weg von London nach Canterbury. Ihre verstorbene Mutter, eine exzentrische und willensstarke Frau, hat Che aufgetragen, dort ihre Asche zu verstreuen. Nachdem sie auch noch ihr Freund verlassen hat, ist das Letzte, was sie braucht, ein als Pilgerreise getarnter Selbstfindungstrip. Einer alten Tradition folgend, soll jede der Frauen auf dem Weg eine Geschichte über die Liebe erzählen. Che ist skeptisch. Doch die unterschiedlichen Schilderungen berühren sie tief. Zum ersten Mal in ihrem Leben hat Che das Gefühl, ihren Weg zu kennen.“

Diese Geschichten, die die Frauen erzählen, hätten nicht unterschiedlicher sein können, wie die Frauen selbst. Auch Mythen finden ihren Weg in diese Geschichten über die Liebe, denn die Bedingung war, es muss  nicht zwangsläufig eine persönliche Geschichte und sie muss nicht unbedingt wahr sein.

Unter den Frauen sind Mutter und Tochter, Jean und Becca, unterwegs. Becca ist die jüngste, sie hat gerade angefangen zu studieren, und erzählt die Geschichte über ihren ersten Kuss. Jean hat ihren Mann in Guatemala verloren. Sie erzählt darüber und über ihr Leben dort im Ghetto für die Reichen. Auch andere Frauen haben ihr Päckchen zu tragen und erzählen mal ihre eigenen Geschichten, mal ein Mythos ohne sichtbaren persönlichen Bezug, mal eine persönliche Geschichte, die sich stark an einen Mythos anlehnt. Aber jeder der Geschichten und wie sie erzählt werden, spiegelt die Frauen und ihre Lebenssituationen wieder. Dazwischen kommt die Protagonistin mit ihren Gedanken, ihren Versuchen, ihre eigene neue Situation zu bewältigen. Die malerischen Landschaftsbeschreibungen lockern alles auf und sorgen dafür, dass eine Art Fernweh aufkommt, Urlaubsfeeling inklusive. Dazu gibt es noch einige weniger gut bekannte Details zu Canterbury, deren Geschichte, den früheren Glauben, was der Ort bewirken konnte. Dies vertieft den Eindruck, dass man dort selbst gewesen und mit den Frauen gepilgert wäre.

Das Thema Mutter-Tochter Beziehung ist nicht nur durch Jean und Becca, sondern auch durch Che, die Protagonistin, und ihre Erinnerungen an ihre verstorbene Mutter, präsent. Sehr gut ausgearbeitet, die Spiegelung der beiden Mutter-Tochter Paare verleiht dem Ganzen mehr Tiefe, da verschiedene Aspekte zur Sprache kommen, und unterhält auch wunderbar, denn Che ist eine Frau von 48, mit Lebenserfahrung und persönlicher Reife, deren Gedanken mal ironisch-abgeklärt, mal amüsant, aber immer spannend sind. Che verstreut unterwegs die Asche ihrer Mutter, die sie in einem Frischhaltebeutel in ihrem Rucksack mitführt. Erst passiert es ohne Absicht, später dann ganz bewusst. So versucht Che, von ihrer Mutter Abschied zu nehmen, sich von ihr endgültig zu trennen, denn sie hat nie Lebensstil von Diana gebilligt, und kommt am Ende zu ihrer eigenen Wahrheit, und findet ihren Weg.

Auch das Thema Frau-Mann Beziehung ist ein Teil des Romans. Fast alle Frauen haben keine intakte Beziehung: entweder verwitwet oder geschieden. Auch hierzu gibt es spannende Gedanken und Geschichten a lá was Frauen und was Männer wollen.

Und natürlich die Themen wie Liebe, Freundschaft, Familie, Ehe, Selbstbestimmung, Männer und ihre Prioritäten, Suche nach eigener Identität, uvm. sind geschickt in den Erzählteppich hineingewoben worden, denn die Geschichten, die Frauen unterwegs erzählen, sind miteinander verbunden. Hier und dort weisen sie Parallelen auf. Auch dadurch, dass Frauen sich über das Erzählte unterhalten und streiten, Beispiele aus ihrem eigenen Leben bringen, das Ganze mit ihren Erkenntnisse ausschmücken, wirken die Geschichten am Ende als großes Ganzes. Toll gemacht.

Es ist nicht alles leichte Kost. Was humorig-amüsant anfängt, wird dann ernst, das gilt auch für die Entwicklungen am Schluss des Romans. Extremitäten werde einem aber erspart, es hält sich also in Grenzen. Gerade dieser Humor mit einer Prise Ironie, den Che an den Tag legt, gibt dem Ganzen eine besondere Note und sorgt für kluge Unterhaltung.

Alle Frauen verändern sich während ihrer Reise. Sie gewinnen etliches aus diesen Geschichten und lassen auch etwas an ihren Problemen auf dem Weg.

Sowohl die Idee, eine Pilgerreise von acht Frauen von London nach Canterbury frei nach Chaucer, als auch die Umsetzung ist schlicht ausgezeichnet. In dem Roman stimmt einfach alles: die Figuren, die Handlung, wie sie aufgebaut ist, wie die Geschichte sich vor Augen der Leserinnen entwickelt, das Tempo, die Abwechslung, der Unterhaltungsfaktor, die Tiefe der Gedanken und die daraus folgenden Botschaften. Rundum sehr gelungen.

Ich bin sehr positiv von diesem Roman überrascht und halte nun Ausschau nach weiteren Romanen von Kim Wright. Sie hat bereits zwei Romane veröffentlicht. Sie lebt in Charlotte, North Caroline, und schreibt für mehrere Lifestylemagazine.

Fazit: Ein toller (Frauen-)Roman, den man vllt doch nicht so schnell lesen sollte. Ich habe damit jede Menge erfüllter Lesestunden gehabt. Er las sich sehr gut und war so fesselnd, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Fünf besonders hell leuchtende Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung gibt es dafür von mir. Bitte mehr davon.