Rezension

Abschied nehmen in versöhnter Unterschiedlichkeit und Liebe

Wir bleiben nicht lange - Marjaleena Lembcke

Wir bleiben nicht lange
von Marjaleena Lembcke

Bewertet mit 5 Sternen

Marjaleena Lembcke, Wir bleiben nicht lange, Nagel & Kimche 2016, ISBN 978-3-312-00688-5

 

Es ist auffallend für mich, wie viele gute Bücher in den vergangenen Jahren erschienen sind, die das Sterben und Abschiednehmen in einer belletristischen Form beschreiben.  Berühmte Menschen sind darunter, wie zum Beispiel der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle, aber auch vorher einem größeren Publikum eher unbekannte Autoren.

 

Das hier anzuzeigende Buch ist geschrieben von einer Frau, die das Schreiben seit langem zu ihrem Beruf gemacht hat. Und das spürt man dem Buch von der ersten bis zur letzten Seite auch ab. Marjaleena Lembcke, hat in ihrer neuen Heimat Deutschland in einer neuen Sprache viele Kinder-und Jugendbücher geschrieben und sich dort einen Namen gemacht. Sie wurde 1945 in der finnischen Stadt Kokkola geboren und lebt bereits seit 1967 in der Nähe von Münster. Ihre Bücher wurden mit vielen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt erschien bei Nagel & Kimche 2010 „Die Füchse von Andorra“, dessen Audiofassung im März 2012 mit dem Deutschen Hörbuchpreis als bestes Kinderhörbuch ausgezeichnet wurde.

 

In „Wir bleiben nicht lange“ beschreibt sie eindrucksvoll und mit einer dichten und intensiven Sprache den Abschied zwischen Mirja und ihrer Schwester Sisko. Es ist anzunehmen, dass Marjaleena Lembcke hier stark autobiographisch gefärbte Erfahrungen verarbeitet.

 

Sisko ist unheilbar krebskrank und liegt in einer Londoner Privatklinik. Mirja, die in Deutschland lebt und dort als Schriftstellerin arbeitet, ist zu ihr geflogen um die letzte Lebenszeit mit ihrer Schwester zu teilen.

 

Das ganze Buch über reden sie über ihre Vergangenheit, ihre Kindheit in Finnland, über die Eltern und die Familie und immer wieder reflektieren sie ihre Beziehung als Schwestern.  Ob sie gut oder schlecht gewesen ist, wagen sie nicht zu entscheiden. Einig sind sie sich, dass sie eng war.

 

Es ist geradezu wohltuend trotz des traurigen Themas, als Leser in einen tagelangen Dialog mit hineingenommen zu sein über eine Lebensgeschichte und Beziehung. Im Buch weiter voranschreitend, staunt man über die ehrliche Offenheit, mit der sich dort zwei Menschen begegnen, ihr Leben und Sterben annehmen und voneinander Abschied nehmen in versöhnter Unterschiedlichkeit und Liebe und ohne Groll.