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Machen mich Bücher zu einem schlechten Menschen?

Wie meine Büchersucht mit meinem Gewissen kollidiert.

Eine Frage stelle ich mir in letzter Zeit immer häufiger: Machen mich meine Bücher zu einem schlechteren Menschen? Natürlich nicht der Inhalt. Ich hoffe doch, dass der mir nicht nur bei der Beibehaltung meiner grammatischen und orthographischen Fähigkeiten hilft, sondern mich manche Bücher auch zu einem empathischeren Menschen machen oder zumindest verhindern, dass meine sozialen Fähigkeiten noch mehr verrohen als eh schon.

Es ist viel mehr die Art, WIE ich Bücher besitze. Ich mag keine Bibliotheksbücher oder private Leihgaben, weil ich bei Büchern das Gefühl des Besitzens haben will. Dabei bin ich doch sonst das, was man früher als links angesehen hätte, bevor gewaltbereite Linksradikale auf die Bildfläche getreten sind. Ich mag Kapitalismus nicht. Und doch will ich Bücher besitzen?

Und auch bei der Art, wie ich an sie herankomme, ekel ich mich selbst an. Offene Bücherregale sind ja noch in Ordnung, ebenso Bookcrossing. Ich gebe ja selbst auch mal Bücher ab, daher mag das noch im Rahmen des ethisch vertretbaren Verhaltens sein, auch wenn ich so quasi meine Lieblingsautoren um Verkäufe bringe und ihnen damit das Leben schwer mache.

Aber was ist mit Amazon Marketplace oder Rebuy? Und rette ich wirklich ein ‚armes, ungewolltes Buch‘ vor dem Presstod, wenn ich ein Mängelexemplar kaufe? Das versuche ich immer, mir einzureden, aber ich weiß nicht, ob das als Argument zählt. Passiert überhaupt etwas mit ihnen, falls sie keiner kauft? Ich habe jedenfalls immer das Gefühl, dass ich die Menschen, die diese Bücher mit ihrer eigenen Fantasie erschaffen haben, betrüge, wenn ich sie billig und gebraucht kaufe. Wäre es moralischer, weniger Bücher, dafür zum Vollpreis zu kaufen?

Habt ihr auch manchmal solche Gedanken?

Wie steht ihr dazu und wie beruhigt ihr euer Gewissen, oder findet ihr das gar nicht weiter tragisch?

Kommentare

micluvsds kommentierte am 07. August 2016 um 16:37

Ich kaufe von meinen bevorzugten Autor(in)en alles zum Originalpreis. Ansonsten kaufe ich durchaus auch gebrauchte Bücher, aber das bevorzugt beim "Freundeskreis der Stadbücherei". Dort gibt es teils recht aktuelle Bücher (die da eben Leute nach dem Lesen als Spende abgeben), aber auch viele alte Bücher, ich zahle ca. 2 Euro pro Buch und das Geld geht dann u.a. an die Stadtbibliothek die dafür auch wieder neue "druckfrische" Bücher kauft. So habe ich wenigstens in gewisser Weise den Neukauf von Büchern mitfinanziert. Aber bei meinem Leseverbrauch könnte ich es mir einfach auch nicht leisten wirklich jedes Buch neu zu kaufen. Und es gibt eben auch Bücher, die man unbedingt haben WILL! Und manche diese Bücher sind einfach nur noch gebraucht zu bekommen, weil sie nicht mehr im Buchhandel erhältlich sind. Manchmal überlege ich schon zwei mal bevor ich ein Buch gebraucht kaufe (gerade wenn der Neupreis nicht soooo hoch ist). Aber insgesamt kann ich mit meiner Methode ganz gut leben.

Naoki kommentierte am 07. August 2016 um 23:15

Gebrauchte Bücher sind gar kein Problem. Tatsächlich nimmt man da ja auch einen tatsächlichen Wertverlust in Kauf. Allerdings muss man, meiner Meinung nach, dann auch dazu bereit sein, wenn man neue Bücher kauft, mehr auszugeben. Für mich gehört dazu zum Beispiel, dass ich mir Bücher, die ich wirklich liebe, auch eher als Hardcover hole, selbst wenn es das Buch bereits als Taschenbuch gibt. So kann ich auch unerfolgreicheren Autoren - und den BuchhändlerInnen! - meinen Respekt zollen, weil so die Margen höher sind.

Ich selber leihe aber auch wirklich viel, mich stört das gar nicht. Nur wenn ich Bücher immer wieder zur Hand nehmen will (wie Harry Potter) lege ich auf den tatsächlichen Besitz wert.

Allerdings wäre das alles bei meinem linken Traum - Abschaffung des monetären Systems - eh keine Frage mehr ;)

Let em eat books kommentierte am 08. August 2016 um 07:45

Oh, dem Traum schließ ich mich an, so als Trekkie von klein auf. *_* 

Naoki kommentierte am 16. August 2016 um 15:24

Ich frage mich auch, ob ich durch Star-Trek-Konsum seit dem Kindergartenalter da vorgeprägt bin ;)

lesesafari kommentierte am 09. August 2016 um 21:01

Man muss doch auch an die Bäume denken. Man kann ja nicht ewig recyceln und so wird gefällt und gefällt. ;) Also Bücher gebraucht und gemängelt kaufen, bis sie zerfallen.

Let em eat books kommentierte am 10. August 2016 um 13:52

Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Das ist ein schönes Argument, um mein Gewissen zu beruhigen, das finde ich klasse, danke.

lesesafari kommentierte am 10. August 2016 um 17:50

Bitte :D Da könnte man jetzt natrülich auch sagen, wir kaufen alle nur noch eBooks, aber neeee,

Zieherweide kommentierte am 13. August 2016 um 20:05

Da muss ich mal kurz was dazwischen werfen. Natürlich kommt es noch vor, dass für Bücher extra Bäume gefällt werden. Aber immer öfter kommt das Recycling zum Zuge, oder, was viele nicht beachten. Die Bücher werden aus Baumresten hergestellt. Reste, die in der Holzverarbeitung unter den Tisch fallen und somit ist es immer seltener, dass ein Baum nur für Bücher sein Leben lässt, wenn das wirklich noch großartig der Fall ist.
Ich lege für diese Aussage nicht meine Hand ins Feuer, aber wenn es wirklich noch so wäre, dass für jedes Buch ein Baum gestorben ist, dann gäbe es diese doch gar nicht mehr. Oder was meint ihr?

lesesafari kommentierte am 16. August 2016 um 22:43

Für jedes natürlich nicht. Aber irgendwann ist ja alles durchrecycelt und der nächste Baum muss ran. Und die ganzen chemischen Abgase die da beim Recyclen entstehen, sind auch nicht gut. Also brav gebraucht kaufen und tauschen und einsammeln. Bis sich ein Buch ganz von allein aufgelöst hat. Oder es zu einer Invasion von Buchläusen und -milben kommt ;)

Salome kommentierte am 11. August 2016 um 09:04

Ich gehe in 2 Büchereien, um auszuleihen und ich versuche immer- alles irgendwoher zu bekommen, bevor ich es kaufen muss. Im Notfall lasse ich mir ein Buch, das ich unbedingt haben will- einfach schenken oder kauf es mir dann um die Gutscheine aus den diversen Shops. Selber kaufen tu ich selten, am ehesten auch Mängelexemplare oder ich kaufe mir ab und zu mal e-books... wenn ich zB eine Schriftstellerin sehr mag und von der gibt es nur ebooks. Aber da gibt es auch noch online ausleihen! Ich geb nicht viel Geld aus für Bücher und hab auch gar kein Besitzdenken dabei.

kommentierte am 12. August 2016 um 17:26

Dann rezensiere doch einfach die gebraucht gekauften. Da hat dann der Autor auch noch was von.

Wenn sich alle so schuldbewusst um ihr Seelenheil kümmern würden wie du, dann dürfte es gar keine Plattformen mit Gratis-Exemplaren und Leserundenexemplare geben. Dann wären wir ja eigentlich alle streng genommen moralisch gesehen sowas von unten durch.

*lach*

Nee, mach dir mal keine Sorgen. Du bist nicht die Böse!

Es wäre vielleicht umsichtiger von den Verlagen nicht so viele Mängelexemplare zu drucken. Dann hätten wir nicht immer so ein schlechtes Gewissen, weil wir ihnen nicht allen ein schönes Zuhause geben.

;-)

*dies war ein humorvoll zu interpretierender Beitrag* :-)

Zieherweide kommentierte am 13. August 2016 um 20:18

Die Verlage selbst drucken nicht vorsorglich Mängelexemplare. Das Problem liebt in den riesigen Auflagen vieler "Bestseller". Wenn es dann doch nicht so gut läuft, dann wird nach abgelaufener Zeit, in der der Preis fest besteht, ein Stempel draufgemacht und günstiger verkauft. So könnte es sich ja doch noch verkaufen. Aber das ist auch nur ein klugscheißerkommentar von mir. Bitte nicht zu ernst nehmen. Das ist nur für den Fall, dass es doch noch jemanden gibt, dem das nicht geläufig ist. ^^

lesesafari kommentierte am 16. August 2016 um 22:47

Ich wollte das jetzt ganz ernst posten ;) Aber steht ja schon da. Ich finde, der Mangel wird da neuerdings erst extra reingemacht. Diese doofen Schlitze hasse ich. Die kann man sich doch sparen. Meistens sind die Schlitzbücher auch die teureren Mängelexemplare, ich weiß gar nicht wieso. Die mit nur Stempel gibts günstiger.

Rissa kommentierte am 21. August 2016 um 18:38

"Die mit nur Stempel" dürfte es gar nicht geben, denn laut Buchpreisbindungsgesetz ist ein Mängelexemplar ein Buch, das einen äußerlichen Mangel aufweist und aus diesem Grund reduziert angeboten werden darf - der Stempel ist nur die zusätzliche Kennzeichnung, reicht aber nicht als Mangel an sich aus. 

Wenn Bücher neben dem Stempel keinen weiteren Mangel aufweisen, kann es sein, dass es sich um ein Buch handelt, dessen Preisbindung aufgehoben wurde und das nur gestempelt wurde, um es als "aussortiert" kenntlich zu machen.

Ist die Preisbindung dieser Ausgabe allerdings nicht aufgehoben und das Buch weist keine weiteren Mängel auf, kann es für den Verkäufer extrem teuer werden, wenn das der entsprechenden Stelle gemeldet wird, weil das nämlich eine Umgehung des Preisbindungsgesetzes wäre. 

Zieherweide kommentierte am 21. August 2016 um 21:14

Gut, du hast es jetzt noch ganz ausführlich erklärt. Mir ist das alles bekannt und ich achte tatsächlich darauf, wenn ich dann doch mal ein reduziertes Buch kaufe, dass es so aussieht, als wäre alles rechtens. Aber selbst die Mängelexemplare sind ja leider oft mit Absicht "gemängelt" , sprich ein Ritz auf der Rückseite vom Cover oder ähnliches. Ich meine, es reicht schon, wenn es deutliche Blätterspuren hat, wenn viele die ersten Seiten aufgeklappt haben und erste Knicke im Einband sind. Aber naja. Wie gesagt, ich kaufe gerne das Buch neu in der Buchhandlung und nur hin und wieder mal was reduziertes. =)

Narayan77 kommentierte am 13. August 2016 um 08:46

Liebe Let 'em eat books,

man sollte eigentlich meinen das Buchsucht eine der gefährlichen Süchte ist. Auch ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht in meinem Leben. In guten Zeiten habe ich manchmal zwei Bücher fast zeitgleich gelesen. Doch ich denke, es liegt viel mehr daran wie deine Umwelt damit umgeht. Ich kann jetzt nur von mir sprechen. Ich finde Lesen und auch das Schreiben sind Bestandteil meiner Persönlichkeit. Dies sollten echte Freunde akzeptieren und respektieren.

Allerdings solte man darauf achten nicht das Leben um sich herum nicht zu vernachlässigen, denn dann kommt es oft zu solchen Situationen. Wie z. Bsp. ein Freund sitzt neben dir und schreibt ständig Nachrichten von seinem Handy aus und nimmt dich als Mensch nicht mehr wahr. So ähnlich ist es auch mit Jemanden, der ständig Bücher liest. Daher habe ich klare Regeln aufgebaut. Geschrieben und Gelesen wird nur am Wochenende oder im Urlaub. Das Buch wird bei Familienfeiern bei Seite gelegt und dann bin ich nur für die Familie da.

Es erfordert Disziplin und Ruhe und diese Zeit nehme ich mir, wenn es sein muss.

Mit besten Gruß

Narayan77

Zieherweide kommentierte am 13. August 2016 um 20:14

Das Buch hat in meinem Leben auch schon eine wichtige Rolle. Spätestens mit meiner Ausbildung zur Buchhändlerin begann die "Sucht".
Gerade weil ich aber hinter die Kulissen des Buchhandels gucken konnte, weiß ich, wie wichtig es ist, auch mal die Buchhandlung vor Ort zu besuchen. Den Großteil meines Besitzes kaufe ich auch direkt noch im Handel um die Ecke. Selten sind die Bücher gebraucht und noch weniger geliehen. Wenn mir ein Buch gefallen hat, dann muss ich es haben. Lieber gebe ich mein Geld für dieses Gut (zum Glück noch immer als Kulturgut angesehen) aus, als für Drogen, Alkohol und Zigaretten. Jedem seine kleine Schwäche, aber damit schade ich mir und anderen doch deutlich weniger.

Und auch wenn ich jedes Buch, dass mir zusagt, am liebsten sofort kaufen möchte, so habe ich doch die Selbstdiziplin relativ lange geduldig zu sein. Mein SuB ist zwar 124 Bücher schwer (für manch einen noch leicht), doch der hält sich seit geraumer Zeit ganz gut und wächst nicht wöchentlich um drei neue Bücher. Deswegen habe ich keine Gewissensbisse.

Das Buch ist ein Hobby, eine Leidenschaft und vielleicht auch irgendwann mal wieder Teil meines Berufslebens. Warum sollte ich wegen so etwas Schönem ein schlechtes Gewissen haben?

Aber das ist eine Entscheidung, die jeder für sich selber treffen muss und auch sollte. Also alles gut. =)

micluvsds kommentierte am 13. August 2016 um 21:28

Selbstverständlich ist es wichtig, auch die Buchhandlung vor Ort zu besuchen, gerade auch wenn es sich um kleine eigenständige Buchhandlungen handelt. Wir haben bei uns neben einer winzigen Thalia-Filiale noch 2 kleine Buchhandlungen. Die beiden sind leider nicht mein Fall. Das eine ist eine christliche Buchhandlung wo die Mitarbeiter bei jedem Nicht-Stammkunden unbedingt die Seele retten wollen und einen mit Flyern und Einladungen zu irgendwelchen Veranstaltungen erschlagen - und wehe dem Kunden, der es wagt "satanistische" Literatur wie Thriller oder Bücher mit einem modernen Frauenbild zu lesen. In der anderen wird man schon an der Tür mit der Frage "Was suchen Sie?" begrüßt und wenn man antwortet, man möchte sich etwas umsehen, heißt es "aber nichts anfassen, sonst müssen Sie es kaufen!". In den beiden Geschäften mag ich nicht einkaufen. Aber ich habe in Köln einen kleinen Laden den ich gerne besuche, in München ebenfalls, und auch sonst zieht es mich in vielen Städten in kleine Buchgeschäfte.

Sibylle P. kommentierte am 20. August 2016 um 21:10

Ich kaufe die meisten meiner Bücher gebraucht.Und ich finde, man braucht da auch kein schlechtes Gewissen zu haben. Oft "versuche" ich mich ja erst an einem Autor und wenn er mir gefällt, ist die Möglichkeit größer beim nächsten Neu-Bücherkauf auch auf diesen zurückzugreifen.

Natürlich kaufe ich auch Bücher aus der Buchhandlung, besonders im Urlaub. Und meine Elizabeth-Goerge-Bücher besitze ich alle neu im Hardcover.