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5 Dinge über das Autorendasein

Eigentümlichkeiten des Schriftstellerlebens - auf diese Idee hat mich Anja Bagus gebracht, und es haben bereits mehrere AutorInnen etwas über “5 Dinge” geschrieben.

1. Man kann nichts mehr wirklich unvoreingenommen lesen.

Wer sich erstmal intensiv mit der Struktur und den grundlegenden Regelnzum Aufbau eines gutes Romans beschäftigt hat, wird nichts mehr lesen können,
ohne es ganz beiläufig und nebenbei zu analysieren. Die amerikanische Autorin K.M. Weiland beschreibt in ihrem Blog “Helping writers to become authors”, man kann sich probehalber Filme anschauen oder bei Büchern bestimmte Seiten aufblättern, denn nach allgemeinen dramaturgischen Regeln sollte nach circa 25 %, 50% und 75 % der Geschichte etwas Bestimmtes passieren – zum Beispiel der erste Plotpoint, eine überraschende Wende und der Auftakt zum spannende Finale. Das bedeutet z.B. bei einem 90-Minuten-Film, es lohnt sich, einmal zu schauen was in Minute 22  und 45 passiert (+/- ein paar Minuten).

2. Als AutorIn brauchst du tolerante Freunde, Lebensgefährten und Verwandte.

AutorInnen sind ein merkwürdiges Volk – sie sind glücklich damit, stundenlang etwas in ihr Notizbuch zu kritzeln – oder auch auf lose Zettel, die überall in der Wohnung herumfliegen, in Handtaschen oder Schubladen verschwinden. Oder sie starren mit ernster Miene ihren Bildschirm an, während sie in die Tasten hauen. Schüchterne Anfragen des Lebensgefährten, wie man denn voran komme, werden häufig mit einem mürrischen “Stör mich nicht!” beiseite gewischt. Und nicht selten fällt bei der Wahl zwischen Freunde/Verwandte treffen oder etwas gemeinsam unternehmen und einer ausgedehnten Schreibsession die Wahl auf letztere – weil man den gerade vorhandenen Flow ausnutzen muss oder den Kuss der Muse…

3. Rezensionen sind wichtig, aber nicht alles.

Ich freue mich, wenn jemand sich die Mühe macht, mein Buch zu rezensieren. Allerdings ist mir bewusst geworden, dass ich es nicht Allen recht machen kann und nicht jeder mein Buch mögen wird. Jede Rezension stellt letztendlich eine subjektive Meinung dar, zumal sie in der Regel von einem Leser und nicht von einem Literaturkritiker geschrieben wird. Und Geschmäcker sind nun mal verschieden…

4. Andere AutorInnen können deine Freunde sein. Müssen aber nicht.

Als angehende Autorin und Debütantin im literarischen Bereich hatte ich lange Zeit erst mal eine Riesenehrfurcht vor anderen AutorInnen, die bereits ein oder mehrere Bücher veröffentlicht haben. Und dann wurde ich eingeladen zu einem Fantasy-Autorenstammtisch und war positiv überrascht von den sympathischen Leuten dort. Eine AutorIn erzählte von den gerade zu familiären Freundschaften, die sie mit anderen KollegInnen verbindet. Da war nichts zu spüren von Ellenbogen-Mentalität oder Konkurrenzdenken. Auf der anderen Seite habe ich in manchen Social-Media-Gruppen gnadenlose Besserwisserei oder auch absurde, negativ gefärbte Diskussionen unter AutorInnen erlebt, was mich ganz schnell dazu bewogen hat, die entsprechende Gruppe wieder zu verlassen.

5. Irgendwann wird jeder Autor betriebsblind. Jeder.

Unausweichlich kommt früher oder später der Punkt, an dem man die Distanz zum eigenen Werk verliert. Ich hatte das nicht so stark erwartet, und war ziemlich überrascht. Anschlussfehler, Logiklücken, inkonsequente Charakterhandlungen oder unpassende Perspektivwechsel und manches mehr sind mir entgangen. Und das ist der Moment, wo man sein Werk erst mal ruhen lassen sollte. Einige Tage oder Wochen. Wenn man das Manuskript anschließend wieder liest, ist man objektiver. Außerdem sind Testleser und Lektoren hier die richtigen Ansprechpartner, denn selbst wenn ich mein Buch zehnmal lese und überarbeite, wird es immer noch Dinge geben, die ich übersehe.

Kommentare

Leia Walsh kommentierte am 21. Januar 2016 um 21:53

Weißt Du, ich denke, es gibt wesentlich mehr "normale" Leser als Literaturkritiker.

Deshalb würde ich die Rezensionen von ganz "normalen" Lesern ernst nehmen. Klar, man kann es nie allen recht machen. Darum geht es doch auch gar nicht. Aber man kann an den Rezensionen gut ablesen, was man besser machen kann, was gut ankommt und was nicht.

Leser sitzen nicht auf hohen Rössern. Literaturkritiker fast immer. Von daher ...

Liddy kommentierte am 27. Januar 2016 um 08:50

... von daher kommts drauf an, was du willst ;)

Marktkompatiblität abchecken, oder Plot, Thema und Stil an literarischen Maßstäben messen lassen?!

Leia Walsh kommentierte am 27. Januar 2016 um 12:15

Naja - der durchschnittliche Autor, besonders der Selbstverleger, verspricht sich von Rezensionen WERBUNG. Die machen Leser. Nicht Kritiker.

Liddy kommentierte am 27. Januar 2016 um 14:44

Glücklicherweise gibts noch was anderes als Durchschnitt

Leia Walsh kommentierte am 27. Januar 2016 um 16:40

Wahre Perlen unter den Selbstverlegern? Ganz ganz selten. Leider.

yesterday kommentierte am 25. Januar 2016 um 13:59

Das liest sich sehr interessant. Den letzten Punkt habe ich in Leserunden schon öfter von den Autoren gehört - mit einem Schmunzeln, weil wir in der LR immer noch etwas gefunden haben, was bei allen zuvor durchgerutscht ist. Das ist wohl das Los des Autors :-)

kommentierte am 20. Februar 2016 um 16:28

Wer interessiert sich schon für die Meinung eines hochgezüchteten Kritikers? Die Bucherverlage und die Zeitschriften. Die Leser glaube ich nicht so