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"Man kann nie genug Socken haben!" - Warum Albus Dumbledore mir Mut zur Dummheit gemacht hat

„‚Was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen?‘
‚Ich? Ich sehe mich dastehen, ein Paar dicke Wollsocken in der Hand haltend. (…) Man kann nie genug Socken haben.‘, sagte Dumbledore.“[1]

Das war‘s für mich. In den Augen meines 8-jährigen Selbst war Albus Dumbledore ab sofort (mit Verlaub) die coolste fiktive Sau auf Erden. Harry hatte schließlich mit der Frage, was der Spiegel Nerhegeb seinem Professor zeigte, nach nichts Geringerem als der Preisgabe seines sehnlichsten Wunsches verlangt. Doch anstatt einer tiefgründigen, übertrieben pathetischen Antwort, nimmt Albus nicht nur Harry, sondern vor allem auch sich selbst aufs Korn. Klar, das war mir so damals nicht unbedingt bewusst. Damals musste ich einfach lachen.
Und trotzdem ist es genau diese Qualität, die mich an der Figur Albus Dumbledore schon immer am meisten beeindruckt hat. Nicht Weisheit oder Selbstlosigkeit (sicherlich auch keine zu verachtenden Eigenschaften), sondern die Fähigkeit immer wieder aufs Neue das Wort „Selbst“ vor den Begriff „Ironie“ zu stellen. Wenn jemand mit einem Weisheitsgrad wie dem von Professor Albus Dumbledore es schaffen konnte, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen; wenn so jemand es schaffte das Selbstbild, eines etwas in die Jahre gekommenen Dummkopfs für sich zu beanspruchen, der auch nach zahlreichen Erlebnissen und dabei angesammeltem Wissen, noch lange nicht am Zenit der menschlichen (oder in diesem Fall wohl magischen) Weisheit angelangt ist, warum sollte ich das nicht auch können?
Eine naheliegende Antwort mag sein, weil ich im Vergleich noch nicht „in die Jahre gekommen“ war und es wohl auch immer noch nicht bin … Aber das mit dem Dummkopf klappt ja trotzdem!

Das hat mir Joanne K. Rowling durch die Figur des Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore nahegebracht: Dass ich meinen Kindern mal kurze, prägnante Namen geben will, und dass es gar nicht so verkehrt ist, sich selbst manchmal trotz allem Erlebten und Gelernten nicht zu ernst zu nehmen und durchaus in gesundem Maß als Dummkopf anzusehen.  Natürlich ist das klar davon abzugrenzen, sich selbst unter Wert zu verkaufen. Das berühmte süffisante Lächeln auf Dumbledore’s Gesicht entstand ja gerade, wenn er sich des Öfteren auch bewusst war im Recht zu sein, es aber niemandem aufdrängte.  

Und wenn jemand diesen Artikel bis hierhin gelesen hat, muss derjenige mir noch einen Gefallen tun: Wenn du’s nicht schon tust, versuch das auch mal mit dieser Selbstironie-Sache. Sei nicht derjenige, der aufgrund sichergeglaubtem Wissens, wie ein wandelnder Richterhammer mit seiner Weisheit und seinen Urteilen auf Mitmenschen eindrischt. Tu das nicht.

Und noch was: Sei nicht derjenige, der anderen sagt, was sie tun und nicht tun sollen.
Tu das nicht ;-)

 

 

[1] Rowling, J.K, 1998: Harry Potter und der Stein der Weisen, Carlsen Verlag GmbH, Hamburg.

Kommentare

Traumpate kommentierte am 18. November 2015 um 16:00

Superschöner Artikel - kann dir da in den Büchern nur zustimmen. In den Filmen dagegen mochte ich Dumbledore dagegen nicht so, weil ihm genau die Ironie von der du sprichst genommen wird - außerdem ist er manchmal zu streng... Ich erinnere an die Szene in Goblet of Fire:" ´HARRY! HAST DU (*drückt Harry gegen die Wand*) DEINEN NAMEN IN DEN FEUERKELCH GEWORFEN???´, fragte Dumbledore ruhig."

Iris Barbara kommentierte am 20. November 2015 um 14:25

Dankeschön erstmal! und ja da hast du leider recht. Ich definiere Harry Potter eigentlich von klein auf schon hauptsächlich über die Bücher und hab die Umsetzung der Figur im Film deshalb hier auch gar nicht wirklich in Erwägung gezogen..weil ich sie im Vergleich eben nicht mal annähernd so gelungen und interessant finde :-) Es ist aber tatsächlich schade, dass Filmzuschauer, die Figur v.a. ab dem 3.Teil und der Ablösung Richard Harris' durch Michael Gambon so ganz anders kennen lernen. Noch ein Grund mehr die Bücher zu lesen ;-)

Traumpate kommentierte am 21. November 2015 um 14:08

Ich fand den 2. Dumbledore auch schlechter, weil er einfach viel zu autoritär rüberkam. Trotzdem wurde auch dem ersten einiges an Ironie genommen (Ich habe die Schwabbelspeck-Rede vermisst!) - aber z.B. der "Hmmm, Ohrenschmalz!"-Kommentar im ersten Teil hat es für mich wieder ein bisschen rausgehauen :P

Und außerdem - die Rede am Anfang des ersten Teils wäre in verfilmter Form glaube ich eher lächerlich geworden :(

 

Und die Bücher sind einfach so liebevoll geschrieben, dann kann ein Film gar nicht rankommen! :)

Nisnis kommentierte am 22. November 2015 um 07:36

Interessante Gedanken ;-)

Suseliese kommentierte am 27. November 2015 um 09:47

Sehr schön gesagt ;-)

Und ja: Wollsocken halten Leib und Seele zusammen.

jaydi kommentierte am 06. Dezember 2015 um 16:54

Ich danke für diesen süßen Artikel :) Hat mir den Nikolausabend versüßt !

Ich bin auch mit den Büchern groß geworden, doch finde ich schade wenn man Bücher und Film auf die gleiche Stelle setz! Die Bücher sind großartig, sowie auch die Filme. Das was sie umsetzen konnten, dass haben sie meiner Meinung nach sehr gut getan, wobei natürlich der ersten Teil den meisten Zauber innehat :) Ich denke die Schauspieler haben alle ihr bestes gegeben. Aber JA man MUSS die Bücher lesen um Harry Potter richtig lieben zu können :D Ich möchte hier aber keine hitzige Diskussion enfachen :D. Schönen Nikolausabend wünsche ich euch lieben Menschen da draußen !

Iris Barbara kommentierte am 07. Dezember 2015 um 18:50

Das ist schön zu hören, dass du Freude am Artikel hattest! :)

Sicherlich haben sowohl alle Beteiligten am Film, als auch J.K. Rowling beim Verfassen des Buches ihr bestes gegeben. Aber das steht für mich bei fast jeder jeder Veröffentlichung eines Künstlers außer Frage und hat damit, wie ich das Ergebnis letztendlich finde (ob Film, Buch, CD etc) relativ wenig zu tun. Ich denke mal jeder Autor oder Regisseur ist sich nach einer Veröffentlichung bewusst, dass dieses Werk eben nun beurteilt wird und der Vergleich liegt bei einer Buchverfilmung nunmal nahe. Aber dabei geht es ja gott sei dank nicht um das Kundtun universell gültiger Tatsachen, sondern um das Äußern völlig subjektiver Meinungen ;)
Mir gefällt v.a. die Umsetzung von Dumbledore in den Büchern eben einfach besser. Aber schön wenn du offensichtlich an beiden Gefallen finden konntest :)

Ich hoffe du hattest auch einen schönen Nikolausabend!

Zeilenzauber kommentierte am 17. Januar 2016 um 21:57

Super schöner Eintrag, ich bin auch ein riesen Fan des "Buch-Dumbledors" (siehe auch mein Lieblingszitat). Da auch alle Bücher zu den absolut liebsten in meinem Regal zählen, kenne ich auch alle Zitate in- und auswendig. Ich habe mal zu jeder Woche im Jahr ein Harry Potter Zitat in meinen Kalender geschrieben, da waren auch die meisten von A.P.W.B. Dumbledore. Davon abgesehen, sehe ich das mit der Selbstironie genauso und versuche mich da auch so oft es geht dran zu erinnern.