Rezension

Ungefiltert und enorm realistisch

Windstärke 17 -

Windstärke 17
von Caroline Wahl

Wahl lässt uns Ein- und Abtauchen in einen See der Gedanken und Emotionen. Der Schreibstil ist ungefiltert und enorm realistisch.

Mit "Windstärke 17" begibt sich Caroline Wahl erneut in das Ein- und Abtauchen von Gedanken und Emotionen. Rein in die Wellen des Lebens und schauen, ob man schwimmt oder ertrinkt. Dieser Roman ist – umgangssprachlich ausgedrückt – frei nach Schnauze. Es wirkt, als habe eine Person ihre Gedanken ungefiltert aufs Papier gebracht – in einer guten Art und Weise. Die zynische Art von Ida ist perfekt. Ich konnte mich mit ihr identifizieren und nicht leugnen, dass jeder – oder zumindest ich – ein so ungefiltertes Denkorgan hat. Es ist spannend zu sehen, was in Idas Kopf vor sich geht und was sie davon ausspricht. Zwei Welten, die kollidieren. Ida wird von so vielen Menschen aufgefangen, kann ihren freien Fall jedoch kaum selbst abfangen. Zwischendurch wirkt die Geschichte wie ein einziges persönliches Drama, aus dem es kein Entrinnen gibt. Ein Strudel aus Negativgedanken und ein Mix aus "Ich möchte bleiben" und "Ich will hier raus": Hier, aus diesem Körper. Aus diesen Gedanken. Vieles ist metaphorisch und besonders die Verbindungen zu Wahls erstem Roman "22 Bahnen" haben mir sehr gut gefallen. Teilweise ist der Roman jedoch gedanklich so dramatisch, dass die Szenen, die drum herum passieren, an Intensität verlieren. Nichtsdestotrotz zieht sich Idas Hauptproblem durch die Geschichte: Das Verarbeiten des Todes ihrer Mutter. Immer wieder zerrt sich das Thema an die Oberfläche, kratzt von unten an Ida und so begleiten wir sie auf einer Reise voller Schuldgefühle und Kummer. Gegen Ende wird auch deutlich, wie der Roman an seinen Titel gelangt ist und diese Herleitung fand ich auf tiefer Ebene berührend. Insgesamt kann ich sowohl diesen, als auch Wahls ersten Roman sehr empfehlen. Sie sind perfekt unperfekt. Beide Bücher gehören zusammen, sind jedoch unabhängig davon lesbar.