Rezension

Gedanken zur Empörungsdemokratie

Heult leise, Habibis -

Heult leise, Habibis
von Sineb El Masrar

Bewertet mit 3.5 Sternen

"Heult leise Habibis" ist ein Sachbuch, das sich mit dem potenziellen Gefährdungspotenzial von Dauererregung für die Demokratie auseinandersetzt. Nach dem Lesen des ersten Teils war ich durchaus beeindruckt von der sachlichen Diskussion, die hier geführt wird, und war gespannt darauf, wie sich das Buch weiterentwickelt. Der zweite Teil blieb dann aber leider deutlich hinter dem ersten Teil zurück.

Die Autorin beschäftigt sich mit den "die vernünftigen Stillen", die in einer Öffentlichkeit der „unvernünftigen Lauten“ nicht zu Wort kommen. Sie geht dabei vor allem sozialpsychologisch und nicht sozialwissenschaftlich vor. Dabei präsentiert sie Beobachtungen und Analysen, die man nicht unbedingt teilen muss, die mich aber vor allem im ersten Teil zum Nachdenken herausgefordert haben, sodass ich eigene Voreinstellungen teilweise hinterfragen oder schärfen konnte.

Im zweiten Teil wurde dann der eher konservative bzw. wirtschaftsliberale Blick der Autorin verstärkt deutlich, wobei die Ausführungen nicht mehr so stark einen differenzierteren Blick ermöglicht haben. Dies führte zu Pauschalisierungen, die aus meiner Sicht unbedingt zu hinterfragen sind. Besonders kritisch sehe ich das Kapitel über den Einfluss von Müttern und Vätern. Es regt zwar zum Nachdenken an, jedoch halte ich einige Beschreibungen wie die von "Müttersöhnchen" für zu vereinfacht. Denn nicht immer lässt sich eine gestörte Beziehung zu den Eltern an den jeweiligen biologischen Geschlechtern festmachen, sondern eher an der sozialen Rolle.

"Heult leise Habibis" bietet insgesamt einige Denkanstöße, jedoch sollte man kritisch hinterfragen, ob alle Argumentationen und Darstellungen in ihrer Vereinfachung und Pauschalität ausreichend differenziert sind. Dennoch kann das Sachbuch ein guter Startpunkt für den Einstieg in die Diskussion sein.